258.000 Tote bei Hungersnot in Somalia?

BERLIN taz | Die Hungersnot in Somalia von 2010 2012 hat möglicherweise 258.000 Menschenleben gefordert. Dies ist das Ergebnis einer Studie der UN-Agrarorganisation FAO und des US-Frühwarnnetzwerks „Fewsnet“, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Demnach gab es von Oktober 2010 bis April 2012 etwa 243.600 bis 272.700 Todesfälle mehr, als unter „normalen Bedingungen“ zu erwarten gewesen wären. Die Zahlen wurden aus über 200 vorliegenden Erhebungen errechnet, meist Haushaltsbefragungen.

Die Methodik, von stichprobenartig erfassten Sterberaten auf reale landesweite Todeszahlen über mehrere Jahre zu schließen, ist umstritten. Eine Untersuchung im Irak, die auf dieser Grundlage 650.000 Kriegsopfer zwischen 2003 und 2006 ermittelte, gilt mittlerweile als diskreditiert. Identisch angelegte Studien über die Demokratische Republik Kongo kommen auf 5,4 Millionen Tote in den Kriegen zwischen 1998 und 2007.

In Somalia stellt sich wie im Kongo das Grundproblem, dass die „normalen“ Sterberaten nur geschätzt werden konnten und daher jede gesicherte Vergleichsbasis für aktuelle Todeszahlen fehlt. Dennoch, so FAO und Fewsnet, sei klar, dass die Sterblichkeit in Somalia 2010–12 „sehr viel höher war als in den fünf Jahren zuvor“. Die Daten bestätigten das Ausmaß der Hungersnot von 2011 und die Unzulänglichkeit der globalen Reaktion. D.J.