Weltbank-Vorzeigeprojekt im Tschad gekippt

Tschad kündigt Verträge mit der Weltbank über soziale Verwendung der Öleinnahmen. Die setzt ihre Kredite aus

BERLIN taz ■ Die Weltbank hat ihre Kreditzahlungen an den Tschad ausgesetzt. Dies verkündete Weltbank-Präsident Paul Wolfowitz am Freitag in Washington. Die Regierung des Tschad hatte zuvor die wichtigsten Vereinbarungen mit der Weltbank über die Verwendung seiner Öleinnahmen aufgekündigt. Damit dürfte ein Vorzeigeprojekt der Weltbank für eine transparente und soziale Nutzung von Ölexporteinnahmen in Entwicklungsländern gescheitert sein.

Die Maßnahme der Weltbank betrifft zugesagte, aber noch nicht ausgezahlte Kredite in Höhe von 124 Millionen Dollar an eines der ärmsten Länder der Welt. Es ist der härteste Schritt, den die Weltbank im Alleingang gegen ein Partnerland unternehmen kann. „Wir versuchen seit einiger Zeit, mit der tschadischen Regierung in einen Dialog zu treten, aber leider geht sie stattdessen einseitig vor“, erklärte Wolfowitz.

Der Tschad exportiert seit zwei Jahren täglich 225.000 Barrel (159 Liter) Öl durch eine Pipeline nach Kamerun. Die privaten Investitionen in den milliardenteuren Bau waren nur durch massive Kreditgarantien der Weltbank möglich. Nach einer internationalen Kampagne hatte die ihr Tschad-Engagement 1999 an strenge Bedingungen für die Verwendung von Ölexporteinnahmen geknüpft. Demnach stehen nur 15 Prozent der Öleinnahmen der Regierung zur freien Verfügung, 10 Prozent landen in einem außerhalb des Tschads liegenden Zukunftsfonds, der Rest muss in „prioritäre Sektoren“ der Armutsbekämpfung wie Bildung und Gesundheit fließen, wo die Verwendung international überwacht wird.

Ende Dezember beschloss das tschadische Parlament jedoch die Abschaffung des Zukunftsfonds und eine Verdoppelung des Anteils der Ölgelder, über den die Regierung frei verfügen kann. Außerdem wird die Definition „prioritärer Sektoren“ um den Punkt Sicherheit erweitert – also Militärausgaben.

Als Begründung führte die Regierung unter Präsident Idriss Déby die Notwendigkeit an, ausstehende Beamtengehälter zu zahlen. Dahinter steht ein Streit zwischen der Regierung und dem US-geführten Ölförderkonsortium über die Qualität des tschadischen Öls, das angeblich zu viel Wasser enthält. Die Öleinnahmen sind daher mit insgesamt 306 Millionen Dollar seit Beginn der Ölförderung 2003 unter den Prognosen geblieben. Allerdings, so Tschads Opposition, reicht der Zukunftsfonds gerade einmal für drei Monate Gehälter im öffentlichen Dienst, während die Streichung der Weltbank-Kredite das Land viel mehr Geld kostet.

Die Verhärtung der tschadischen Regierungsposition ist auch auf die zunehmende innenpolitische Krise des Landes zurückzuführen. Immer mehr Rebellenbewegungen haben in den letzten Monaten den Kampf gegen Präsident Idriss Déby aufgenommen. Auch der einstige Kabinettschef Débys und Chefunterhändler bei den Ölverhandlungen, Tom Erdimi, ist inzwischen ein Rebellenführer mit Wohnsitz in den USA. Déby steht mit dem Rücken zur Wand, da nimmt er auch auf internationale Vereinbarungen keine Rücksicht mehr. DOMINIC JOHNSON