DIES UND DAS
: Alles muss raus

über unorthodoxe Methoden

Bernd Müllender

Es ist eine komische Saison mit völlig neuen Fragen: Wie lange bleibt Bayern nur Erster der Übernachtungstabelle? Wird Leverkusen am Ende freiwillig spielstärkster Dritter aller Zeiten, um sich so gegen den Titel Vizekusen zu wehren und sich als Loser der Herzen feiern zu lassen? Wie verkraftet es Gladbach-Trainer Michael Frontzeck, in seinem 4. Trainerjahr erstmals keine Fragen nach dem Abstiegskampf zu hören? Und wird Hertha in der Rückrunde weiter ungeschlagen gegentorlos bleiben und deshalb umjubelt absteigen?

Besonders komisch wird die Situation heute oder morgen Vormittag, beim ersten Training nach dem Spieltag. Da müssen alle Trainer sehr vorsichtig sein. Denn der unbekannte Typ, der sich da am Eingang zum Platz herumdrückt, muss kein unbefugter, restalkoholisierter Fan sein. Es ist womöglich ein neuer Spieler, der Retter, die Rakete, der kurz vor Mitternacht im letzten Moment durch das Transferfenster geschlüpft ist. Ist Rafinha oder doch Diekmeier noch nach Wolfsburg gegangen? War das Kuranyis Abschiedstor gegen Hoffenheim? Ist Pantelic oder Woronin wieder in Berlin? Hat Chaosclub Hannover noch einen Angreifer aufgetan, vielleicht den Münchner Restminutenmann Miro Klose? Die wechselitische Panik macht einigen Spaß. Altintop nach Frankfurt – die Eintracht verliert. Der betagte van Nistelrooy beim HSV – auf der Tribüne hilft der Langzeitverletzte nur dem Trikotverkauf. Gekas in Berlin – nach ein paar Kullerbällen ausgewechselt gegen den nachweislichen Unfußballer Wichniarek. Und Bremen holt hektisch einen tunesischen Verteidiger, der mit abenteuerlichen Untaten ganz allein Werders Untergang besiegelt.

Besser ist es, Spieler rechtzeitig auszusortieren, auch Prominente. Hitzlsperger raus – Stuttgart siegt in Serie. Dortmund ohne Frei – undenkbar, dachte man. Jetzt triumphiert die Jugend. Die Bayern verzichten auf jenen Klose (doch Herthas Nachtzugang?) und siegen sich einen Wolf. Manchmal helfen auch Verletzungen: Leverkusen ohne Helmes, Rolfes, Renato Augusto – wer war das noch mal? Podolski ist rückenmalad – ohne den einst Vergötterten gewinnt der FC Spiel auf Spiel. Schalke, der „Kindergarten der Liga“, geht noch andere Wege. Schon morgen früh wird eine Elf der Kitakrabbelgruppe Zauberwald aus Gelsenkirchen-Buer mit Förmchen und Rasseln vor der Arena stehen: Dürfen wir mitspielen, Onkel Magath? Der 6fache Vater wird begeistert sein. Gerade erst hat er einen 19-Jährigen aussortiert, also einen Alten Herrn: Der Ex-Achener Lewis Holtby muss nach Bochum. Schalke wird Meister, der VfL steigt ab.