Die Behörde ist kein Zoo

Oberstes Gebot Hausordnung: Umweltbehörde verbot einer fast tauben Kollegin das Mitbringen ihres Signalhundes. Arbeitsrichter hat für diese Albernheit kein Verständnis

Signalhörhunde sind keine Blindenhunde. Juristisch gesehen ist das ein Problem. Denn während in der Berufswelt anerkannt ist, dass blinde Kollegen ihre Hunde mit zum Arbeitsplatz bringen können, gibt es eine entsprechende Praxis für Gehörlose nicht. Ausgerechnet ein staatlicher Arbeitgeber, die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, wollte nun einer fast tauben Frau verbieten, ihren Signalhund Rahjendra mit ins Büro zu bringen. „Als Mensch kann ich den Wunsch verstehen, aber es gibt die Hausordnung“, argumentierte die Juristin der Behörde gestern vor dem Arbeitsgericht.

Der Vorsitzende Richter rang den Beteiligten einen Kompromiss ab: Die schwerbehinderte Klägerin darf ihren Hund mitbringen – und muss die Tür zu ihrem Zimmer geschlossen halten, damit Kollegen sich von dem Vierbeiner nicht gestört fühlen können. Sie hatte vor allem Aspekte der Sicherheit ins Feld geführt: Sie bräuchte ihren Hund schon auf dem Weg zur Arbeit und zurück, denn sie sei auf das eigene Auto angewiesen, höre aber Geräusche wie Hupen oder Martinshörner nicht.

Auch in ihrer Dienststelle sei sie erhöhten Gefahren ausgesetzt. Im Falle eines Brandes beispielsweise höre sie die Alarmanlage nicht. Ihr Hund werde dazu ausgebildet, sie in entsprechenden Situationen anzustupsen. Die Behörde hielt dagegen, dass dem Bundesverkehrsministerium zufolge sogar vollständig gehörlose Menschen Auto fahren dürften. Und in der Behörde gebe es auf jedem Flur „Evakuierungsbeauftragte“, die die Mitarbeiterin im Brandfall aus dem Büro holen würden.

Schön und gut, hielt der Richter entgegen, aber hilfreich sei der Hund dennoch allemal. „Was also spricht dagegen“, fragte er, der Frau das Mitbringen ihres Terriers „einfach zu ermöglichen“? Es seien „grundsätzliche Erwägungen“, räumte die Behördenjuristin ein: „Wir wollen keinen Präzedenzfall schaffen.“ Schließlich gäbe es in der Abteilung noch eine zweite gehörlose Frau, sekundierte der Chef der Klägerin, der müsste man dann auch einen Hund gestatten, und „irgendwann sind wir dann ein Zoo“.

„Das ist albern“, entgegnete der Richter: „Auf dieses Niveau begebe ich mich nicht.“ Das Sozialgesetzbuch verlange, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass behinderte Menschen ihrem Beruf nachgehen können. Unter diesem Aspekt spreche vieles dafür, der fast tauben Kollegin die Mitnahme des Hundes zu erlauben.

Damit eventuell verbundene Probleme wie jenes, dass ein einzelner Kollege Angst vor Hunden geäußert habe, seien leicht zu lösen – „mit ein bisschen gutem Willen“. Elke Spanner