Weltpolitik in der Provinz
REISELUST Der Einfluss des Energiekonzerns EWE in Oldenburg ist groß. Bestimmt das Unternehmen auch die Städtepartnerschaften, wie der Fall des türkischen Bursa nahelegt? Oder stehen dahinter Privatinteressen?
Schwandner macht gerne Außenpolitik für Oldenburg, bislang vor allem in China
Hans-Henning Adler, Vorsitzender der Linksfraktion im Oldenburger Stadtrat, schwant Böses: Sollte der lokale Energiekonzern EWE jetzt auch noch über die Städtepartnerschaften Oldenburgs bestimmen, wo ohne das Unternehmen und sein Geld schon jetzt in Wirtschaft, Wissenschaft, Sport und Kultur kaum noch etwas geht? Sollte Oldenburgs Oberbürgermeister Fritz Gerd Schwandner das zulassen?
Der hatte anläßlich der Feier zum 20-jährigen Bestehen einer Partnerschaft mit dem holländischen Groningen von diversen neuen Partnerschaften in aller Welt gesprochen, darunter auch mit dem türkischen Bursa. Die Vermutung, dass die EWE dahinter steckt und Schwandner mitmischt, liegt nahe: Einerseits habe, so Adler, EWE-Chef Werner Brinker „seine Finger überall mit drin“, andererseits hatte die EWE kürzlich 80 Prozent des Erdgasversorgers Bursagaz übernommen. Offenbar, so vermutet Adler, solle „die aggressive EWE-Einkaufspolitik, die von den Verbrauchern mit Gas- und Strompreiserhöhungen bezahlt worden ist, mit einer Städtepartnerschaft geadelt werden“. Schwandner stehe der Unternehmenspolitik der EWE als Vertreter der Stadt im Aufsichtsrat „völlig unkritisch“ gegenüber. So habe Schwandner etwa nichts dagegen gehabt, dass die EWE, die zu 74 Prozent 21 nordwestdeutschen Kommunen gehört, Gewinne eines Anteilsverkaufs an die EnBW nicht den Kommunen überließ, sondern in weitere Beteiligungen steckte. „Alle unsere Haushaltsprobleme wären gelöst gewesen“, sagt Adler.
Die EWE weist den Verdacht von sich, dass sie Initiatorin einer Partnerschaft mit Bursa sei: Das sei eine Idee des Oberbürgermeisters, zu der man keine Haltung habe, sagte ein Sprecher.
Wahrscheinlich ist es sowieso ganz anders: Schwandner macht gerne Außenpolitik für Oldenburg, bislang vor allem in China. Nachdem die EWE Wege nach Bursa geebnet hat, will er demnächst auch öfter mal dort hin. Im Rathaus konnte gestern niemand etwas dazu sagen. FEZ
