Neuer Fracking-Vorstoß: Brauer fürchten ums Bierchen

SCHIEFERGAS Umweltaktivisten, Landesminister und Bierbrauer lehnen neuen Gesetzentwurf ab

GÖTTINGEN taz | Bierchenbrauen bald mit neuem Gasgemisch? Die Bundesregierung erntet auch für ihren entschärften Entwurf eines Fracking-Gesetzes Kritik von Bürgerinitiativen, Umweltverbänden und Landesministern. Bei einem Treffen im hessischen Korbach forderten Fracking-Gegner aus ganz Deutschland ein vollständiges Verbot der umstrittenen Fördertechnologie. Auch der deutsche Brauer-Bund ist besorgt: Sollte das Gesetz kommen, sei die Reinheit des Brauwassers in Gefahr.

Beim Fracking wird ein Gemisch aus Chemikalien, Sand und Wasser in den Boden gepresst. Durch das gesprengte Gestein soll Erdgas nach oben entweichen. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatten sich letzte Woche auf ein Gesetz geeinigt, das Fracking nicht verbietet, sondern erschwert. Demnach darf in Trinkwasserschutzgebieten nicht gebohrt werden. Unternehmen müssen bereits Probebohrungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen – die Auswirkungen auf Mensch und Natur sollen Behörden vor Ort bewerten. Wahrscheinlich am 15. Mai will das Kabinett den Entwurf verabschieden.

Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) sieht in den Plänen „keine Lösung des Problems“. Das Wasserhaushaltsgesetz erlaube bereits jetzt, in weiten Teilen vom Bundesrecht abzuweichen, sagte Vorstandsmitglied Oliver Kalusch. Die Verantwortung werde damit lediglich an die Länder verschoben. „Wir fordern ein Verbot von Fracking und nicht die weitere Zersplitterung des Umweltrechts“, so Kalusch.

Bundesweites Moratorium

„Die Regeln sind strikter geworden, reichen aber nicht aus“, erklärte Ann-Kathrin Schneider vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). In Deutschland seien 20 Prozent der Fläche Trinkwasserschutzgebiete. Auf den übrigen 80 Prozent sei Fracking weiter möglich – auch sie fordert ein Verbot.Gegenwind für die Initiative kommt auch aus den rot-grün regierten Bundesländern Schleswig-Holstein und NRW.„Union und FDP wollen das Thema unbedingt vor der Bundestagswahl abräumen, um es aus dem Wahlkampf rauszuhalten“, sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck. In einem Bundesratsantrag verlangt Schleswig-Holstein ein bundesweites Fracking-Moratorium. Über eine Änderung des Bergrechts soll die Einleitung von giftigen Stoffen zum Zweck der Gasgewinnung generell verboten werden. REIMAR PAUL