Minister bleibt hart

VON LUKAS WALLRAFF
UND DANIELA WEINGÄRTNER

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält trotz heftiger Kritik der Opposition und erheblicher Bedenken vonseiten des Koalitionspartners SPD an seinem Vorhaben fest, das Ausländerrecht zu verschärfen und die Familienzusammenführung von Migranten deutlich einzuschränken. Die Gesetzesänderungen sollen schon im März ins Kabinett eingebracht werden, erklärte eine Sprecherin Schäubles gestern gegenüber der taz. Nach wie vor sei geplant, den Nachzug von ausländischen Ehepartnern nach Deutschland grundsätzlich erst ab dem 21. Lebensjahr zu erlauben. Ziel dieser Maßnahme ist es laut Innenministerium, junge Ausländerinnen vor Zwangsehen zu schützen.

Deutschland würde mit der Einführung einer Altersgrenze von 21 Jahren beim Ehegatten-Nachzug drastischer vorgehen, als es die Richtlinien der Europäischen Union vorschreiben. „Die EU-Richtlinie macht es möglich, diese Gesetzesänderung vorzunehmen, aber sie verlangt es nicht“, räumte Schäubles Sprecherin ein.

In der EU-Richtlinie zum Recht auf Familienzusammenführung ist lediglich eine Kann-Bestimmung enthalten, die es den Mitgliedsländern freistellt, den Ehegatten-Nachzug einzuschränken – maximal bis zum 21. Lebensjahr. Nach den Niederlanden, die ein entsprechendes Gesetz bereits erlassen haben, möchte nun auch Schäuble diese Möglichkeit, soweit es geht, ausschöpfen.

Dass durch die neuen, restriktiven Regeln auch jene zuzugswilligen Ausländer abgeschreckt werden könnten, die von der Bundesregierung dringend erwünscht werden – etwa hochqualifizierte Fachkräfte –, sei nicht zu befürchten, erklärte die Ministeriumssprecherin. Das Heiratsalter liege „in den Kreisen, die hochqualifiziert sind, in der Regel ohnehin über 21 Jahren“, weil die meisten Akademiker und andere Fachkräfte zunächst ihre Ausbildung absolvieren würden, bevor sie eine Ehe eingingen. Ausnahmefälle könne es zwar geben, aber „das kommt nicht so oft vor“.

Mit der allgemeinen Altersgrenze würden schon „diejenigen getroffen, die gemeint sind“, gibt sich das Innenministerium sicher. Die Erfahrung habe gezeigt, dass „frühe Eheschließungen vorwiegend in jenen Kreisen vorkommen, wo es immer wieder zu Zwangsheiraten kommt“. Deshalb sei es besser, eine generelle Altersgrenze einzuführen, weil sie wirkungsvoller sei. Geplant sei allerdings „eine Härtefallregelung“, die es den Behörden erlaubt, in Einzelfällen „zur Vermeidung einer besonderen Härte“ doch eine Aufenthaltserlaubnis für jüngere, ausländische Ehepartner zu erteilen.

Die Kritik von Oppositionspolitikern, SPD und Migrantenverbänden ficht das Ministerium bisher nicht an. Experten hatten eingewandt, mit der geplanten Altersgrenze würden Zwangs- oder Scheinheiraten nicht verhindert, sondern allenfalls die Einreise nach Deutschland verschoben. „Wir können natürlich nur gegen einen Teil der Fälle präventiv vorgehen“, sagte Schäubles Sprecherin. Den Nachzug von Über-21-Jährigen zu verhindern sei nun einmal nicht möglich: „Aber soll man deshalb das nicht tun, was man tun kann?“

Bei der SPD gibt es weiter erhebliche Bedenken gegen Schäubles Pläne. So sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy, gestern der taz: „Die Achtung der Ehe ist eine universelle Norm des Grundgesetzes, die auch für ausländische Ehepartner gilt.“ Schäubles Vorschlag, die Familienzusammenführung auf die geplante Weise einzuschränken, sei „hart an der Grenze der Verfassungswidrigkeit“, erklärte Edathy und fügte hinzu: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dafür eine Mehrheit gibt.“ Der grüne Menschenrechtspolitiker Volker Beck sagte zu Schäubles Plänen: „Europarechtlich mag das im Moment noch möglich sein, aber nach der deutschen Verfassung nicht.“