Humorist und Musterschüler

DUETT Kehlmann trifft Hader: „Durch die Nacht mit …“, 23.15 Uhr, Arte

Seit 2002 schicken das ZDF und Arte zwei Prominente für eine Nacht auf Tour. Diesmal hat sich der Postkabarettist und Schauspieler Josef Hader („Der Knochenmann“) Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) ausgesucht. Kehlmann ist der Bestsellerautor mit Niveau, auf den sich die Mittelschicht geeinigt hat. Hader ist der Humorist mit Niveau, auf den sich die Kritiker mit Niveau geeinigt haben.

Die beiden treffen sich in Wien am Südbahnhof, trinken Espresso, fahren mit den S-Bahn zum Prater und lassen sich dann in einem Mercedes durch die Nacht kutschieren. Kehlmann gerät wegen seines Kurzhaarschnitts visuell in Oliver-Pocher-Nähe, kämpft aber mit Flaubert dagegen an und kommt als sehr höflicher Musterschüler rüber. Hader scheint mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein und ist auch ganz flauschig drauf. Sie sind überhaupt sehr höflich zueinander, gebildet distanziert, etwas kulturpessimistisch.

Sie reden über den Beruf. Kehlmann (interessiert): „Macht es Ihnen keine Sorge, dass Sie nichts verändern können?“ – Hader (lächelt): „Na.“

Sie reden über Träume. Hader: „I wär’ gern Lehrer geworden.“ – Kehlmann: „Ehrlich?“ – Hader: „Wahrscheinlich wär’s eh nix gwesn.“

Manchmal glaubt Kehlmann, er müsse etwas Substanzielles sagen. Dann sagt er: „Film ist die relevanteste Kunstform unserer Zeit.“ Hader hat für solche Fälle ein interessiertes Gesicht auf Lager. Bei einem späten Essen disputieren sie über das Dilemma des Erfolgs. Kehlmann erzählt, wie schwierig es sei, als Teil einer Kultur, die Bestseller ablehnt, einen Bestseller zu haben. Hader nickt wissend. „Man leidet so ein bisserl unter dem Liebesentzug von Leuten, die früher immer so eine große Freude hatten, dass nur sie einen kannten.“

Interessant: Dokusoap für Bildungsbürger. Sehr, sehr entschleunigt. Daher fast schon wieder Schnarchalarm. Aber so ist der Mensch. Du kannst es ihm nicht recht machen. PETER UNFRIED