RALF LEONHARD ÜBER DEN WAHLAUSGANG IN SALZBURG
: Aufwind für Grün in Österreich

Grün liegt im Trend. Bei den Landtagswahlen in Salzburg am vergangenen Sonntag konnten die Grünen ihren Stimmenanteil auf über 20 Prozent fast verdreifachen, sie sind die eigentlichen Wahlsieger. In Salzburg-Stadt wurden sie gar zur stärksten Partei. Genauso wie eine Woche zuvor in Tirols Hauptstadt Innsbruck. In Tirol werden sie von der ÖVP als Koalitionspartner umworben. In Kärnten sitzen sie seit März bereits mit SPÖ und ÖVP in der Regierung.

Was Salzburg zum Erweckungserlebnis macht: Erstmals übertrafen die Grünen die Prognosen der Demoskopen. Die Partei, die den Ruf der Umfrageweltmeister hat, schnitt weit besser ab, als die günstigsten Umfragen vorhergesehen hatten. Das mag am besonderen Charakter dieser Wahlen liegen: Nach dem Aufliegen des Finanzskandals und der Entlarvung des regierenden rot-schwarzen Bündnisses als Steuergelder-Zocker suchten frustrierte Wähler eine Alternative.

ÖVP und vor allem die SPÖ, die von fast 40 auf knapp 24 Prozent abstürzte, wurden abgestraft. Von den Spätentschlossenen lieh jede(r) Zweite seine oder ihre Stimme den Ökos. Denn Grünen-Chefin Astrid Rössler hatte als Vorsitzende eines Untersuchungsausschusses eine gute Figur gemacht und ihre Partei als Transparenz- und Sauberkeitsverein ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Aber auch grüne Evergreens wie die Energiewende und biologischer Landbau werden durch Aufregerthemen wie Bienensterben, Lebensmittelskandale und Treibstoffpreise zum Wahlmotiv.

Ob der klare Wählerauftrag, dass Grün mitregieren soll, auch gehört wird, muss sich allerdings erst zeigen. Eine Zweierkoalition geht nur mit den beiden Wahlverlierern ÖVP und SPÖ, die den ersten und zweiten Platz getauscht haben. Grün als dritten Partner hereinzuholen wäre ein Risiko, aber auch ein starkes Signal.

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