Sex in Zeitlupe

Neues auf ProSieben: Die Serie „Las Vegas“ (21.15 Uhr) versandet nach furiosem Start leider im Konventionellen. Zum Glück sind auch die Schönheitschirurgen von „Nip/Tuck“ wieder da (22.10 Uhr)

VON PEER SCHADER

Der wohl furioseste Serienstart des Jahres geht so: Ein Mann liegt in der Wüste vor Las Vegas, er sieht schmutzig aus, leblos, irgendwie – tot. Zack, die Kamera flitzt über ihn hinweg, innerhalb einer Sekunde wird es Nacht, in der Ferne blenden die bunten Lichter von Amerikas „Sin City“, ein Flieger donnert über die Köpfe der Zuschauer und die Kamera rast in einem irren Tempo auf die Lichter zu, über das Rollfeld in die Straßen, vorbei an den Casinos, den Bars, den Hotels, direkt ins Montecito Resort, durch die Haupthalle ins Kasino, vorbei an den Protagonisten von Gary Scott Thompsons „Las Vegas“, weiter durch die Hotelflure in eine Suite, in der eine Frau und ein Mann Sex haben, in Zeitlupe, dann wieder mit Tempo zurück in den Flur zum Aufzug, aus dem vier Männer in schwarzen Anzügen steigen, wieder in Zeitlupe. Dazu hämmern die Beats: „Ready! Steady! Go!“ Die Männer ziehen ihre Waffen, öffnen die Tür zur Suite und – vorbei!

Zwei Minuten und 14 Sekunden dauert diese Achterbahnfahrt, die man gesehen haben muss, auch natürlich, weil sie eines der am schamlosesten gebrochenen TV-Versprechen ist, das es je zum Auftakt einer neuen Serie gegeben hat. Denn – so viel vorneweg – nach dem Hochgeschwindigkeitsstart ist „Las Vegas“ vom „The Fast and the Furious“-Macher Thompson bloß noch solides, aber unspektakuläres Serienfutter, und die aufgebauten Erwartungen werden erst einmal enttäuscht.

Ed Deline (James Caan) ist Chef des Sicherheitsteams im fiktiven Montecito-Kasino in Vegas, ständig hält er nach Betrügern und Krawallmachern Ausschau. Und er ist wirklich, wirklich wütend, dass er ausgerechnet den jungen Teamkollegen Danny McCoy (Josh Duhamel) mit seiner Tochter (Molly Sims) im Bett erwischt, was die ziemlich lustig findet, ihrem Lover aber eine Menge Ärger mit dem Chef einhandelt. Dumm bloß, dass einem das als Zuschauer schnurzpiepegal ist, weil man keine Serie mit dem Titel „Las Vegas“ einschaltet, um dann einem alternden Ex-CIA-Agenten dabei zuzusehen, wie er sich gegenüber seiner sexwütigen erwachsenen Tochter als übersensibler Beschützer aufspielt.

Nein, wir wollen Schurken sehen! Professionelle Ganoven wie in „Oceans Eleven“: gewitzte Falschspieler, Betrüger, Tresorsprenger, die kaum zu schnappen sind. Davon aber ist zumindest der Pilotfilm von „Las Vegas“ weit entfernt. Vielleicht ist man einfach auch anderes gewöhnt von all den unkonventionell erzählten, spannenden US-Serien der letzten Zeit: „Lost“, „Desperate Housewives“, „CSI“ und natürlich die OP-Serie „Nip/Tuck“, deren zweite Staffel ProSieben direkt im Anschluss an „Las Vegas“ zeigt und deren deutliche Schnitte entlang zuvor auf ungeliebte Körperpartien aufgemalter Hautlinien wir so schmerzlich vermisst haben. Na gut: Die erste Folge beginnt mit einem ziemlich unspektakulären Blick in einen Toaster. Aber dann wird es immer besser. Dass ProSieben selbst an „Nip/Tuck“ herumschnippelt, um die Serie ins Sendeschema zu pressen, ist jedoch weniger erfreulich.