sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

JÖRG SUNDERMEIER

Am Donnerstagmittag wird im Treptower Park, auf dem Parkplatz am Rosengarten (11 Uhr), unweit des Sowjetischen Ehrenmals, das ja zugleich, wie kaum jemand weiß, ein riesiger Friedhof ist, der 68. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation Nazideutschlands und des Sieges über den Faschismus begangen. Ein Tag, den sich selbst so bezeichnende wahre Deutsche ja als „Tag der Niederlage“ ansehen und das völlig zu Recht. Denn der 8. Mai – beziehungsweise der 9. Mai in der Sowjetunion (unterschiedliche Zeitzonen) – steht ja nicht zuletzt symbolisch dafür, dass der deutsche Nazismus besiegbar war und eben nicht vom Rest der Welt geliebt oder ignoriert wurde. Das wiederum bei allem gebotenen Ernst tanzend und betrunken zu feiern ist angemessen, denn „wer nicht feiert, hat verloren“.

Am Samstag wird in der Neuköllner Boddinstraße (14 Uhr) ebenfalls gefeiert, und zwar das Herdelezi Roma Kulturfestival, organisiert von Amaro Foro e. V. – dieses ist ein klassisches und inzwischen auch bestens eingeführtes Straßenfest, mit Musik, Speisen, Getränken und Kinderprogramm. Aber auch dieses Fest hat zugleich ein konkretes politisches Anliegen – denn auf die Situation der Sinti und Roma gerade auch in Neukölln soll aufmerksam gemacht werden. Und das ist leider angesichts immer neuer antiziganer Attacken verbaler und körperlicher Art mehr als nötig.

Am Dienstag wird im Regenbogenkino (Lausitzer Straße 22, 18.30 Uhr) über eine besondere Form der Verlassenheit gesprochen. „Als der Ausbau fertig war, sind die ersten wieder gegangen“ heißt die Veranstaltung, es geht um Kollektive und Wohnprojekte, die immer wieder viele Mitmachende verlieren, denen die Fluktuation aber vielleicht auch eigener ist, als es jene, die bleiben, wahrhaben wollen. Wie auch immer, hier geht es um Konfliktbewältigung auf den Plena und um die Erkenntnis von Gruppenstrukturen.

Auch am Dienstag schließlich wird in der Marianne (Mariannenstraße 6, 19 Uhr) über „Rassistische Diskurse in der Krise“ gesprochen. Sebastian Friedrich und Vassilis S. Tsianos argumentieren gegen das immer wieder vorgetragene Mantra, dass der Rassismus „nur“ Ausdruck der gegenwärtigen Krise sei und in erster Linie die Folge von Angst und Unsicherheit in ökonomischer Hinsicht. Die beiden Wissenschaftler untersuchen dagegen, wie sehr der Rassismus zwar von Krisen profitiert, jedoch ganz andere Ursachen hat und widmen sich insbesondere dem, was Tsianos den „postliberalen Rassismus“ nennt.

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