Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Der Drehbuchautor Charlie Kaufman ist für seine vertrackten, einfallsreichen und amüsanten Scripts bekannt; zu seinen populärsten Einfällen gehört zweifellos „Being John Malkovich“ mit seinen bizarren Reisen durch den Kopf des Schauspielers. Der Gipfel an Selbstreferenzialität wird allerdings in „Adaption“ (2002; Regie: Spike Jonze) erreicht, der davon handelt, dass ein Drehbuchautor namens Charlie Kaufman (Nicolas Cage) sich verzweifelt damit abmüht, eine Reportage über Orchideen für das Kino zu adaptieren. Urwälder, Krokodile, Meryl Streep als Autorin der Reportage, Charlies Zwillingsbruder – sie alle verknoten sich zu einer Geschichte, die – und auch das ist typisch Kaufman – am Ende kaum mehr schlüssig zu entwirren ist. ((OmU) 13.5. Freiluftkino Mitte)

Die Glanzzeiten des Punk liegen ja nun auch schon mehr als 35 Jahre zurück, eine Tatsache, der auch das Punkfilmfestival „Too Drunk to Watch“ in seiner diesjährigen Ausgabe durchaus Rechnung trägt: Der Film „All Grown Up – The Movie“ widmet sich explizit der Frage, wie es eigentlich ist, als Punk älter zu werden. Und in Dokus wie „Punk in Bonn“ und „Distorted: Reflections on Early Sydney Punk“ erzählen die Veteranen, wie es eben damals so losging in ihrem Teil der Welt. Überhaupt die Provinz: Punk in Chile und Myanmar, Hardcore in Italien. Diverse Dokus zeigen, dass die Szene eben nicht nur in London und New York – wo sowieso jeder Winkel ausgeleuchtet wurde – interessant ist. Dass Protest, Konsumverweigerung und DIY-Haltung keine Fragen des Alters oder der Nationalität sind, beweist ja auch sehr schön die aktuelle Tragikomödie „Der Tag wird kommen“ von Benoît Delépine und Gustave Kervern, die ein punkiges Brüderpaar mittleren Alters auf eine französische Kleinstadt loslassen und den Punk damit wieder ganz regulär ins Kino gebracht haben.

(Punkfilmfestival „Too Drunk to Watch“ 9. 5. bis 12. 5. im Moviemento 1)

„Rrratsch, ein kleines Malheur, oder warum man Friseure nicht erschrecken sollte“, lautet ein bezeichnender Zwischentitel der Stummfilmgroteske „Mysterien eines Frisiersalons“, mit dem sich Autor Bert Brecht, Regisseur Erich Engel und die Stars Karl Valentin, Blandine Ebinger und Otto Wernicke als frühe Splatterfilmer erweisen. Der 1923 entstandene Kurzfilm mit seinen Parallelen zu den surrealen Fantasien eines René Clair zeigt ebenso wie Karl Valentins Regiearbeit „Der neue Schreibtisch“ (eine Groteske aus dem Jahr 1915, in dem die Beine eines Schreibmöbels nach und nach immer kürzer gesägt werden), dass der berühmte Komiker auch ein bedeutender deutscher Filmpionier mit Blick auf internationale Kunstströmungen war.

(10. 5. Babylon Mitte)