Das Leiden am Leinpfad

Mit vielen Worten und wenigen Aussagen will Hamburgs CDU-Vorsitzender Dirk Fischer seine Partei aus der Krise reden. Und wieder gewählt werden

„Integration muss beidseitig sein. Das ist doch keine Einbahnstraße“

Von Sven-Michael Veit

Dirk Fischer ist eigentlich ein netter Mensch. Er hat gelitten in den vergangenen Wochen, das ist ihm anzusehen. Und das Leiden ist noch nicht vorbei. Dabei will er doch integrieren, nicht ausgrenzen. Nicht seine Kritiker in der Hamburger CDU, die dem 62-Jährigen nach fast 14 Jahren als Landeschef nahe legen, einem Generationenwechsel nicht im Weg zu stehen. Und nicht die Hunderte von Aleviten, Aramäern oder auch muslimischen Türken, die in jüngster Zeit in schlagzeilenträchtigem Maße in die Christenunion drängten.

Er werde wieder kandidieren als Vorsitzender auf dem Landesparteitag am 25. Februar, verkündet Fischer gestern Vormittag offiziell. Und er stehe weiterhin „für integrative Lösungen“. Das sagt er auf der Pressekonferenz in der CDU-Jugendstilvilla am noblen Winterhuder Leinpfad aber erst auf Nachfragen.

Nicht einer aus der vollzählig erschienenen Garde der Hamburger Rathausreporter hat sich interessiert für den 39-minütigen Monolog, den Fischer einleitend vom Stapel ließ. „Der Aufbruch“ mit Angela Merkel als Bundeskanzlerin, „Vorfahrt für Arbeit“ als Hauptziel der großen Koalition, die „erfolgreiche Politik unseres Bürgermeister Ole von Beust in Hamburg“ – böse Zungen in der Elbunion munkeln, Fischer sei und bleibe Parteichef, weil er im Zweifel so lange rede, bis alle anderen eingeschlafen sind.

„Nein“, sagt Dirk Fischer schließlich, „warum soll ich als Landesvorsitzender mich über neue Parteimitglieder beschweren“, als dann doch die Fragen zur Lage der Union auf ihn einprasseln. Eine „Krise“ in der Hamburger CDU gebe es nicht, nur ein paar Unregelmäßigkeiten bei der Aufnahme von neuen Mitgliedern. Vor allem im Parteikreis Mitte, und ganz besonders im Ortsverband Finkenwerder, aber das habe man nun „im Griff“. Eine Kommission werde klären, was zu klären ist, vielleicht müsse auch die Satzung geändert werden, damit „künftig alles nachvollziehbar passiert“.

Dafür habe der Landesvorstand auf seiner Sitzung am Montagabend alles getan, was in seiner Macht stehe, beteuert der Parteivorsitzende. „Leider“ aber sei die „begrenzt“, denn sie liege bei den Kreisverbänden. Nach der Satzung der CDU würde dort über die Aufnahme neuer Mitglieder entschieden, der Landesvorstand könne da nur „in Ausnahmefällen“ oder bei „satzungswidrigem“ Verhalten eingreifen. Das habe er getan, findet Fischer, die Aufgabe laute nun, „alle zu integrieren und alles transparent zu gestalten“.

So transparent wie im Ortsverband Billstedt, der am Dienstagabend den 31-jährigen David Erkalp zum neuen Vorsitzenden wählte. An die 80 Mitglieder der christlich-aramäischen Gemeinde waren kürzlich dort in die Partei eingetreten, 78 votierten für Erkalp, die 13 christlich-deutschen Unionisten enthielten sich sämtlich der Stimme. „Herr Erkalp“, sagt Dirk Fischer, „ist ein fähiger und kluger Mann. Er muss jetzt die Altmitglieder integrieren, nicht ausgrenzen.“

„Finden Sie nicht“, knurrt da der Mann von der Bild, „dass da Integration auf den Kopf gestellt wird?“ Nur kurz schaut Fischer leicht irritiert. „Nein“, antwortet er dann, „das muss beidseitig sein. Integration ist doch keine Einbahnstraße.“ Der Mann von der Bild guckt, als hielte er das für eine Sackgasse.