Kumpelei mit Stiftungschef in Paraguay

KORRUPTION Staatsanwältin erklärt ihre Befangenheit in den Ermittlungen um Veruntreuung beim Neubau für die Kolping-Stiftung in Paraguay. Sie war mit dem jetzigen örtlichen Kolping-Chef befreundet

AUS BUENOS AIRES JÜRGEN VOGT

Die Chancen auf ein Gerichtsverfahren im Fall der verschwundenen Gelder beim katholischen Kolpingwerk in Paraguay sind gestiegen. Die damals zuständige Staatsanwältin Marlene González de Ovelar hat jetzt öffentlich ihre Befangenheit eingestanden und eine langjährige Freundschaft mit dem neuen Geschäftsführer Olaf Freiherr von Brandenstein der Kolping-Stiftung in Paraguay eingeräumt. 2012 hatte sie die Ermittlungen eingestellt, nachdem diese zuvor auffallend langsam verliefen.

Das Kolpingwerk ist seit einiger Zeit in der öffentlichen Diskussion, nachdem die mittlerweile ehemalige Geschäftsführerin Brigitte Fuzellier Korruptionsvorwürfe gegen ihre Amtsvorgänger in der Kolpingstiftung Paraguay erhoben hatte. So sollen zwischen 2002 und 2007 bei dem Neubau eines Stiftungshauses über eine Million Dollar deutsche und europäische Entwicklungsgelder hinterzogen und durch gefälschte Schecks Zahlungen fingiert worden sein. Vom Entwicklungsministerium BMZ und der EU hatte die Kolpingstiftung bis 2007 rund 1,4 Millionen Euro bekommen.

Die taz hatte Anfang August 2010 berichtet, beim Bau eines Berufsbildungszentrums in Paraguay sei möglicherweise ein Teil der Gelder veruntreut worden. Nach einer BMZ-Prüfung musste Kolping Deutschland 240.000 Euro an die Bundesregierung zurückzahlen. Fuzellier beschuldigt auch das Kolpingwerk Deutschland, den Fall zu verschleppen und selbst an der Korruption mitgewirkt zu haben. Bereits im November 2009 erstattete sie Strafanzeige. Die Anzeige landete bei Staatsanwältin Marlene González de Ovelar.

Auf Anfrage teilte die Sozial- und Entwicklungshilfe (SEK) des Kolpingwerkes in Köln mit, dass nach Prüfungen in den Jahren 2010 und 2011 keine Veruntreuung von Steuergeldern und auch keine Korruption durch Mitarbeiter der Kolping-Stiftung Paraguay oder des SEK festgestellt werden konnte. „Dieser Vorgang ist damit abgeschlossen, und uns liegen keine neuen Erkenntnisse vor,“ so das SEK am Dienstag.

Die jetzt eingestandene Befangenheit von Staatsanwältin González de Ovelar kommt im Zusammenhang mit einem laufenden Verleumdungsverfahren, das der neue Geschäftsführer gegen seine Vorgängerin Fuzellier angestrengt hatte. Laut Fuzellier sagte von Brandenstein in dem aktuell laufenden Prozess aus, die deutsche Bundesregierung wünsche ihre Verurteilung und sei erst danach wieder dazu bereit, das Kolpingwerk Paraguay finanziell zu unterstützen. In einem Brief wandte sich Fuzellier nun an Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) und forderte sie zu einer Stellungnahme auf.

Ende September 2010 wurde Fuzellier nach einer Entscheidung des Vorstands der Kolpingstiftung Paraguay über Nacht fristlos entlassen worden. Am gleichen Tag ernannte er Olaf von Brandenstein als Nachfolger. Von Brandenstein eilte ein zweifelhafter Ruf voraus. Vom September 2003 bis zum April 2004 war er Vorsitzender des Verbandes der Sojabauern in Paraguay. Dass er als Anwalt regelmäßig Großgrundbesitzer gegen indigene Gruppen vertrat, verneinte er auf Anfrage nicht.