Manchmal bin ich etwas stur

Josef Jacobi ist Bauer mit Leib und Seele. Der Körbecker brachte die erste gentechfreie Milch Deutschlands unters Volk

Eine Molkerei in Bauernhand hat er in Gang gesetzt, eine Sondermülldeponie verhindert. Große Projekte verwirklichen oder aufhalten – Josef Jacobi kann beides. Dem bedächtigen Ostwestfalen mit der Hünenstatur, der Gleichgesinnte immer wieder mitreißt, zollen selbst politische Widersacher Respekt. Politischen Wegbegleitern gilt er als „Pionier“ und „Fels in der Brandung“.

2005 erhält er den Innovationspreis für das Preismodell „Erzeuger-Fairmilch“: 5 Cent Aufschlag pro Liter Biomilch, die direkt an die Produzenten gehen. Die Kunden nehmen das Modell an, der Absatz steigt. 1989 stellt Jacobi sich mit seinem Trecker britischen Panzern in den Weg, als diese die frisch geteerte Körbecker Hauptstraße zu ramponieren drohen. Mit eilig herbeigeholten Bauernkollegen wird ihr Rückzug erzwungen. Der General muss sich entschuldigen. Der WDR kürt Josef Jacobi („manchmal bin ich etwas stur“) zum „Bauern des Jahres“.

Zu seinen jüngsten Projekten gehört die „Bergweide Milch“ – die erste konventionell erzeugte Milch in Deutschland, die das Zertifikat „garantiert ohne Gentechnik“ trägt. Eine Erzeugergenossenschaft von 45 Milchbauern aus dem Sauerland garantiert, dass nur gentechnikfreie Futter- und Arzneimittel eingesetzt werden. Nur in Österreich und in Italien existierte bislang die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“. Der Anstoß zur Bergweide Milch kam von der Upländer Bauernmolkerei. Da ist Josef Jacobi Aufsichtsratsvorsitzender.

Die Upländer Bauernmolkerei, die ansonsten nur mit biologischer, also ebenfalls gentechnikfreier Milch beliefert wird, verarbeitet die „Bergweide“ zu frischer Voll- und Magermilch. Seit Mitte 2005 ist sie in allen Tegut-Lebensmittelmärkten in Hessen, Nordbayern, Thüringen und Südniedersachsen im Angebot. „Das muss mehr werden,“ sagt Jacobi. Auch bei Rewe und Globus soll die Milch „ohne Gentechnik“ in die Regale kommen.

Den Hof im westfälischen Körbecke nahe Kassel übernimmt Jacobi 1972 von den Eltern. Seit 1980 bewirtschaftet er ihn nach Bioland-Richtlinien. In Körbecke wurde er am 9. November 1945 als mittleres von sieben Kindern geboren. Das Land in der fruchtbaren Warburger Börde ist nachweislich mindestens seit 1612 in Familienbesitz. Noch ältere Kirchenbücher sind verbrannt.

Hier lebt Josef Jacobi heute mit Ehefrau Heike und den Kindern Lena, Hannah und Julius. „Ich treffe alle Entscheidungen so, dass eines der Kinder den Hof übernehmen kann“, sagt er. 25 Hektar Dauergrünland und 74 Hektar Ackerfläche gehören zum Hof. In der Fruchtfolge stehen Kleegras, Winterweizen und Roggen, Ackerbohnenerbsen, Triticale, Dinkel und Rübensaat. Die Jacobis halten 40 Milchkühe, Jungvieh und einen Zuchtbullen. In die Züchtung würde er sich gern mehr engagieren, aber dafür reicht die Zeit nicht. 50 Schweine pro Jahr und 12 Hennen kommen noch dazu. In der hofeigenen Käserei produziert Heike Jacobi mehr als zehn verschiedene Käsesorten.

Als in den 70er Jahren in Madrid das Europäische Bauernbündnis (cpe) gegründet wird, war Jacobi („inzwischen werde ich etwas ungeduldig“) dabei. In der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fällt er Anfang der 80er als Sprecher gegen die Milchkontingentierung auf. Als dann in der AbL der Platz des Bundesvorsitzenden neu zu besetzen ist, findet sich eine Delegation in seiner Küche in Körbecke ein. Sie gewinnt ihn für das Amt des AbL-Bundesvorsitzenden. Von 1986 bis 1996 stand er an der Spitze der ABL.

Als 1994 der Molkereibetrieb der Upland Milch in Nordhessen nach Fusion mit den Milchwerken Köln-Wuppertal stillgelegt wird, macht Josef Jacobi sich stark für die Übernahme der Anlagen und die Gründung einer Öko-Molkerei. Die Verhandlungen sind zäh, aber erfolgreich. 1996 nimmt die „Upländer Bauernmolkerei“ mit 18 Biobauern und einer Jahresmenge von einer Million Liter Biomilch den Betrieb auf. Inzwischen sind 84 Zulieferer dabei, die 15 Millionen Liter Milch liefern.

Von der Milch zur Landschaft: Die „Bürgerinitiative Lebenswertes Bördeland und Diemeltal“ ist ein ganz anderes Einsatzfeld von Jacobi. Die BI trat gegen den Bau einer Sondermülldeponie an, bis die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen das Projekt schließlich abblies. Sie habe ein starkes Gemeinschaftsgefühl und viel Schwung in die Region gebracht, erinnert sich BI-Mitbegründer Josef Jacobi. „Das wollten wir institutionalisieren“: Eine Landschaftsstation wurde gegründet, die mittlerweile sieben Akademiker und Hilfskräfte beschäftigt. Sie engagieren sich erfolgreich für den Schutz der Kulturlandschaft in der Region.

Und was kommt als Nächstes? „Die Bioverbände zusammenzuführen“, erscheint für Jacobi ein „erreichbares Nahziel“. Nicht zur Gleichmacherei („Ich bin immer für Besonderheiten“), sondern um Reibungsverluste zu beseitigen. Konkret: Eifersüchteleien hinten anstellen und einen Dachverband für die gemeinsame Vermarktung gründen. Es gibt immer was zu tun – für einen wie Josef Jacobi.

YVONNE MABILLE