Der große Monstermacher

Wenn Monster nach getaner Arbeit essen gehen, kehren sie, wie in Pixars „Monster AG“ zu sehen, ins Harryhausen’s ein. Im viktorianischen Ambiente von Tim Burtons Puppentrickfilm „Corpse Bride“ spielt der verträumte Van Dort auf einem Piano aus dem Hause Harryhausen. Selten genug, dass das Kino seinen Spezialeffekte-Künstlern huldigt. Doch das Monster- und Animationskino weiß, was es Ray Harryhausen, dem Großmeister des Stopptricks und Wegbereiter des Monsterfilms, zu verdanken hat.

Während die französische Filmkritik der 50er und 60er den Regisseur als Auteur eines Films identifizierte, verdiente sich Harryhausen seinen Rang als erster Visual-Effects-Auteur der Filmgeschichte: Regie führte er nur in wenigen Kurzfilmen, dennoch firmieren die Abenteuer- und Fantasyfilme, denen er mit seinen handanimierten Monsterszenen zu Klassikerstatus verhalf, allein unter seinem Namen – ihre Regisseure: vergessen.

Es sind Kintopp-Filmträume, für goldene Kindheitserinnerungen prädestinierte Sonntagnachmittagfilme, bevölkert von Kentauren und Zyklopen, Harpyien und messerschwingenden Skeletten, von Hydra und Medusa. So lustvoll wie philologisch unbekümmert vom Einmannstudio Harryhausen aus dem Reservoir antiker Mythen und Legenden geplündert, in liebevoller Kleinarbeit und ausgetüftelten Choreografien mit den Darstellern in Szene gesetzt.

Ein Künstler fast klassischen Schlags: Was zu sehen ist, ging allein durch seine Hände. Seinen Kreaturen verlieh er eine eigene Emotionalität, abgeschaut als Jugendlicher in einer euphorisierenden Vorstellung von „King Kong“. Beginn einer lebenslangen Leidenschaft für das Kinomonster, die wiederum Regisseure wie George Lucas oder James Cameron in Kindertagen für das Kino entflammen sollte.

Ohne ihn ist das heutige Monster- und Sensationskino kaum zu denken, auch wenn er sich bereits 1981 zurückzog: Die Entwicklung zum unpersönlichen Blockbuster machte er nicht mit. Die Kinomonster senken ihre Häupter in Trauer: Am 7. Mai tat das große Herz des Hexenmeisters, der sie zum Leben erweckt hatte, seinen letzten Schlag. THOMAS GROH