CDU-Wirtschaftsflügel weiter gegen Datenkauf

Steuer-CD Diskussion innerhalb der Koalitionsparteien hält auch nach Merkels Machtwort unvermindert an

Mit der Papstkritik hat Merkel die Katholiken verprellt. Jetzt ist der Wirtschaftsflügel dran

BERLIN taz | Es ist ein Machtwort, das Angela Merkel innerparteilich noch viel Mühe bereiten wird. Am Tag nachdem die Kanzlerin den Kauf der Schweizer Steuerdaten angekündigt hat, ging die Debatte in der CDU unvermindert weiter. Vor allem Vertreter des Wirtschaftsflügels beharrten am Dienstag auf ihrer Kritik. So forderte der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, den Informanten nicht zu belohnen, sondern als Datendieb zu verhaften.

Mit ihrer Papstkritik hatte Merkel fast auf den Tag genau vor einem Jahr die Katholiken vergrätzt, diesmal ist der Wirtschaftsflügel dran. Die Szenen glichen sich bis ins Detail. In beiden Fällen nutzte die Kanzlerin die Pressebegegnung mit einem ausländischen Staatsoberhaupt, um eine aus dem Ruder gelaufene Debatte in wenigen Sätzen zurechtzustutzen. Musste damals der kasachische Ministerpräsident Nursultan Nasarbajew der Papstschelte lauschen, so wurde diesmal Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Zeuge der Belehrung.

In beiden Fällen war es auch der Tonfall, der die Zurechtgewiesenen erboste. Sie sei „wie jeder vernünftige Mensch dafür, dass wir Steuerhinterziehung natürlich auch ahnden“, sagte Merkel am Montag. Das stimmte zwar, und es entsprach auch der Mehrheitsmeinung im Land. Die Wirtschaftsleute in der eigenen Partei durften das aber wahlweise als Hinweis lesen, dass sie Steuerhinterziehung guthießen oder dass sie gar unvernünftig seien.

So hielt die Kritik an Merkel am Dienstag unvermindert an, teilweise allerdings in Zeitungsinterviews, die bereits am Vortag gegeben wurden. Neben Lauk sprach sich der CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach gegen den Datenkauf aus. Auch der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder, sagte, er könne der CDU vom Erwerb „nur dringend abraten“. Der Rechtspolitiker ist der Bruder von Unions-Fraktionschef Volker Kauder, der am Wochenende ebenfalls diese Meinung vertrat und durch Merkels Machtwort desavouiert wurde. Seit Montagmittag äußerte er sich zu dem Thema nicht mehr. Erstaunlich gering war auch das Echo in der FDP, die sich nach der Debatte um die Hotelbesteuerung offenbar nicht ein weiteres Mal dem Ruf einer Klientelpartei aussetzen will.

Nach ihrer Papstkritik nahm Merkel mehrfach Termine vor katholischem Publikum wahr. Sie suchte die Wogen auf dem konservativen Parteiflügel wieder zu glätten, ohne allerdings Zugeständnisse in der Sache zu machen. In den nächsten Monaten wird sie sich wohl verstärkt zu Veranstaltungen aufmachen müssen, auf denen der Unternehmerflügel ihrer Partei in höherer Konzentration anzutreffen ist. RALPH BOLLMANN