Rücklichter der Worte

Verliebt in einen Bindestrich: Die Staatsräte diskutierten die Frauenpolitik und nahmen es mal ganz genau

Bremen taz ■ Mädchen in Männerberufe – das ist die alljährliche Botschaft des Girls‘ Day. Einen Tag lang erobern Mädels die Welt der Blaumänner und Karohemden. Eine Bastion männlicher Logik hätte nicht weniger Aufmischung nötig: Die Staatsräterunde, die sich jetzt mit dem Girls‘ Day befasste.

Wie es so läuft, wollte die SPD in einer Kleinen Anfrage wissen, wie viele Mädchen mitmachen und was die Jungs an diesem Tag tun. Die Bildungsbehörde bereitete eine beredte Antwort vor: Bremer Mädels liegen vorn im Bundesländervergleich, was die Beteiligung angeht, ist hier zu lesen. Und die Jungs, die am Girls‘ Day im Unterricht bleiben, denken derweil über „Mannsbilder in der Schule“ nach.

Man muss es den Staatsräten lassen: Sie haben das Papier gründlich gelesen. Und Zeit für Verbesserungsvorschläge gefunden – zwischen all den anderen Fragen von Flächennutzung und Verwaltungszustellung, Hafentelematik, Auswahl von Studierenden und Berufung von Professoren. Im Rathaus nennt man eine solche Tagesordnung weniger „tote Hose“ als „Routine“.

Die Staatsräte entpuppten sich als Fans leiser Zwischentöne und der bindestrichverliebten Neuen Rechtschreibung. Klingt „Mädchenzukunftstag“ nicht wie ein bürokratisches Ungetüm? Würde er nicht als „Mädchen-Zukunftstag“ viel genderbewusster, dynamischer, einfach zukunftsweisender wirken? Besonders in der Kombination Girls‘ Day – Mädchen-Zukunftstag entsteht ein regelrechter optischer Vorwärtsdrang. Man sieht von den Worten sozusagen nur noch die Rücklichter. Die Staatsräte sahen Handlungsbedarf und hielten fest: „Im 3. Satz des ersten Absatzes, im 1. Satz der Antwort zu Frage 3 und im 6. Satz der Antwort zu Frage 4 wird jeweils das Wort „Mädchenzukunftstag“ in „Mädchen-Zukunftstag“ geändert.“

Danach gab‘s kein Halten mehr: Aus „Landesinstitut für Schule“ wurde „Landesinstitut für Schule (LIS)“. Auch auf der vierten Seite des Entwurfs reichte die Konzentration noch zur Korrektur eines Grammatikfehlers. Jetzt noch schnell den Passus über die „verlässliche finanzielle und personelle Absicherung“ streichen, damit niemand auf die Idee kommt, Stellen einzufordern. Fertig.

Wenn man richtig polemisch werden wollte, könnte man feixen: „Wie gut muss es einem Land gehen, in dem die Staatsräte keine anderen Probleme haben?“ Man kann alles aber auch viel positiver sehen. „Wir sind froh, dass sie den Inhalt so gelassen haben, wie er ist“, sagt Christel Schütte, Sprecherin der Gleichstellungsbeauftragten. abe