Aufschwung kommt auf leisen Sohlen

Die deutsche Wirtschaft wuchs 2005 um 0,9 Prozent. Motor des Wachstums ist der Export. Wohlhabende profitieren

FRANKFURT/M. taz ■ Zum zweiten Mal in Folge stieg im letzten Jahr das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland. Die deutsche Wirtschaftsleistung wuchs um 0,9 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. Johann Halen, Präsident des Statistischen Bundesamtes, sprach von einem „moderaten, aber nicht stabilen“ Wirtschaftswachstum in Deutschland.

Probleme hat Deutschland noch immer mit seinem Staatshaushalt. Deutschland hat die im Europäische Stabilitätspakt erlaubte Grenze von 3 Prozent für die jährliche Neuverschuldung auch im letzten Jahr durchbrochen. Allerdings hat die Neuverschuldung mit 3,5 Prozent (78 Milliarden Euro) den niedrigsten Stand seit 2001 erreicht.

Die wichtigste Stütze des deutschen Wirtschaftswachstums blieb auch im vergangenen Jahr der Export. Exportweltmeister Deutschland steigerte seine Ausfuhren um 6,2 Prozent im Vergleich zu 2004. Dieses Exportwachstum allein macht 0,7 Prozent des gesamten Wirtschaftswachstums von 0,9 Prozent aus.

Im Einklang mit führenden Wirtschaftsforschern stellte auch das Statistische Bundesamt eine seit 2001 anhaltende schwache Binnennachfrage fest. Insbesondere die Konsumzurückhaltung der privaten Haushalte würde das Wirtschaftswachstum in Deutschland bremsen. Zur schlechten Konsumlaune trägt auch die wachsende Kluft zwischen den sinkenden Einkommen der Beschäftigten und steigenden Einkünften der Besitzenden bei. Während die Bruttolöhne der Arbeitnehmer 2005 um 0,3 Prozent sanken, legten die Unternehmens- und Vermögenseinkommen um 6,1 Prozent auf 556 Milliarden Euro zu. Der Anteil der Löhne am Volkseinkommen sank damit auf 67 Prozent – im Jahr 2000 lag diese Lohnquote noch bei 72,2 Prozent.

Immerhin stiegen die Nettogehälter um 0,1 Prozent, weil viele Beschäftigte nach der Einkommensteuerreform etwas mehr Geld in der Tasche haben – theoretisch. Tatsächlich aber wurde der minimale Zuwachs bei den Nettogehältern vom gleichzeitigen Anstieg der Sozialbeiträge um 0,7 Prozent und einer Inflationsrate von 2 Prozent im Jahresdurchschnitt zunichte gemacht.

Für 2006 wagen die Statistiker keine Prognose. Schließlich blicken die Statistiker stets nur „in den Rückspiegel“, so Halen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT