Für arme Kinder nur das Minimum

Fünfstündige Kita-Plätze sind für arme Familien fast doppelt so teuer wie Vorschulplätze. Für die einen gibt es die Ermäßigung auf 15 Euro, die anderen müssen mindestens 27 Euro zahlen. Landeselternausschuss fordert Gleichbehandlung

„Frühkindliche Bildung im zeitlichen Mindestumfang fördern“

Von Kaija Kutter

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram und Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (beide CDU) nehmen von armen Familien für fünf Stunden Betreuung in Kita und Vorschule unterschiedliche Preise. Das prangert Maggie Dietz vom Bezirkselternausschuss (BEA) für Kitas in Hamburg Mitte jetzt an. Da die Politik offiziell behaupte, dass beides gleichwertige Bildungseinrichtungen seien, müsste es auch gleiche Gebühren geben.

„Wir sind als Elternvertretung im engen Kontakt mit dem Jugendamt“, berichtet sie. Und von dort sei zu hören, dass die 40 Euro Gebühren für einen Fünf-Stunden-Platz (E5) für viele Eltern ein großes Problem sind. Dietz: „Alleinerziehende Mütter, die von einem 430-Euro-Job am Vormittag leben, sagen, sie können das nicht mehr bezahlen und brechen im Amt weinend zusammen.“ Denn ohne Betreuung können sie auch den Halbtagsjob vergessen.

Die Summe setzt sich aus 27 Euro Grundgebühr und 13 Euro Essensgeld zusammen. Jene Grundgebühr ist die untere Grenze der nach Einkommen gestaffelten Gebührentabelle, die mit 192 Euro für Gutverdiener endet und an sich für Kitas und Vorschulen identisch ist. So zahlen diese 27 Euro auch Familien mit wenig Geld, die zu Schuljahresbeginn für ihr Kind einen Vorschulplatz buchten.

Was sowohl in den bezirklichen Jugendämtern als auch unter Eltern als „Ungerechtigkeit“ angesehen wird, ist die Tatsache, dass Dinges-Dierigs Behörde Familien, die von Sozialhilfe, Hartz IV oder vergleichbar geringem Einkommen leben, auf Antrag einen nochmaligen Rabatt gewährt, Schnieber-Jastram den Kita-Eltern aber nicht.

Nach taz-Informationen zahlt ein Viertel der rund 5.000 Vorschuleltern nur 15 Euro im Monat. Doch das Vorschulangebot gilt erst für Kinder ab fünf Jahren und ist auch für Mütter, die noch nach 13 Uhr eine Betreuung brauchen, nicht geeignet.

Auch Peter Albrecht vom Landeselternausschuss (LEA) für Kitas fordert eine „Gleichbehandlung“ und am besten eine Rückkehr des Kita-Bereichs in die Bildungsbehörde. Doch laut Maggie Dietz ist das Problem in Mitte, einem Bezirk mit hoher Kinderarmut, besonders drängend. So zahlen heute schon von 1.811 Kindern mit E5-Platz 1.394 den 27-Euro-Satz. In armen Vierteln wie Billstedt und Horn sind es gar 551 und 255. Dietz vermutet, dass viele dieser Familien bei genauer Prüfung den Rabatt bekämen.

„Eine Anwendung der Härtefallregelung wäre aus Bezirkssicht wünschenswert“, bestätigt denn auch Mitte-Sprecherin Sorina Weiland. Auf diese Weise könnte man dafür sorgen, dass die Kinder in die Kita kommen, die es bräuchten. Nach taz-Informationen hatten auch die Abteilungsleiter der Kita-Sachgebiete der Bezirke im Gespräch mit der Sozialbehörde auf eine Angleichung gedrängt. Doch dort fürchtet man „Mindereinnahmen“. Zahlen doch nach Auskunft der Sozialbehörde hamburgweit von rund 10.000 E5-Kindern 6.741 den Mindestsatz.

Behördensprecherin Katja Havemeister verweist darauf, dass es die Gebühr von 15 Euro auch für Kitas gebe, allerdings nur für die vierstündige Betreuung (E4). Hier zahlen 584 Eltern die 15 Euro und weitere 713 den Mindestsatz. Beide Behörden hätten das Ziel, damit „frühkindliche Bildung zu fördern“, wollten dies aber nur „im zeitlichen Mindestumfang tun“.

Die E5-Plätze allerdings wurden zum 1. Januar 2005 von der CDU bewusst eingeführt, um etwas für benachteiligte Kinder zu tun. Denn in Folge des 2004 eingeführten Kita-Gutscheinsystems hatten tausende von ihnen ihren Ganztagsplatz verloren.