Erst brannten die Bücher

1933 Vor 80 Jahren organisierten die Nationalsozialisten auch in Bremen eine Bücherverbrennung. Die Vereinigung der Verfolgten des NS-Regimes las zum Gedenken aus „verbrannten“ Schriften

Vor rund 30 ZuhörerInnen fand am Freitagvormittag eine öffentliche Lesung in der Bürgermeister-Deichmann-Straße statt – direkt vor dem Denkmal, das dort seit 1984 an die Bücherverbrennung im Jahre 1933 erinnert. Raimund Gaebelein las aus Schriften von Klabund (Alfred Henschke). Nicht nur die Blätter der Nazis, auch die Bremer Nachrichten hatten am 9. Mai 1933 einen Aufruf veröffentlicht, dass Schriften mit „unsittlichen, erotischen, marxistischen oder auch pazifistischen Tendenzen“ aus den öffentlichen und privaten Bibliotheken aussortiert und zentral gesammelt werden sollten – nach dem Berliner Vorbild „Wider den undeutschen Geiste“ sollten sie öffentlich verbrannt werden. Das Spektakel der Bücherverbrennung hat eine kulturgeschichtliche Tradition, die über die Inquisition bis in die Antike reicht.

In Bremen hatte insbesondere die „Deutschen Studentenschaft“ für die Verbrennungsaktion mobilisiert. Schon am 22. April 1933 hatten die Nazis die Schriften der Partei- und Gewerkschaftshäuser von KPD und SPD den Flammen übergeben. Die Kripo hatte „Miethbüchereien“ auf „undeutsches“ Schrifttum hin kontrolliert und drohte, „unzuverlässig geführte Betriebe“ zu schließen. Der „Kampfbund für deutsche Kultur“ hatte mit dem Buchhandel vereinbart, dass eine schwarze Liste erstellt werden sollte, um „undeutsche und unsittliche“ Schriften aus den Buchläden zu entfernen. Im April hat der NSDAP-Mann und Pädagoge Heinrich Scharrelmann Bestandslisten der Lehrer- und Schülerbüchereien angefordert. Bis Ende Mai mussten die öffentlichen Bibliotheken Listen ihres Bestandes abgeben, die Grundlage für Säuberungen werden sollten.

In Bremen hatten der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund, der „Kampfbund für deutsche Kultur“ und die Hitlerjugend die Bücherverbrennung am Spielplatz Nordstraße, der heutigen Bürgermeister- Deichmann-Straße, organisiert. „Als ich dort ankam, standen da zwischen 20 und 30 Mann“, berichtete vor Jahren Horst Hackenbroich, der als 18-Jähriger Augenzeuge wurde: „Uniformierte der SA, Zivilisten und Studenten“ hätten unter Buh-Rufen und lautem Gebrüll, mit Kraftausdrücken und Schimpfworten ein Buch nach dem anderen in die Flammen geworfen hatten, wie in Berlin wurde dazu beinahe rituell jeder Autor beim Namen genannt: „Ich übergebe Erich Kästner dem Feuer.“

Die Ecke an der heutigen Bürgermeister-Deichmann-Straße war ein symbolischer Ort: Während des 1. Weltkrieges hatten dort Kundgebungen gegen Hunger und Krieg stattgefunden und am 4. März 1933 protestierten an dieser Stelle 30.000 Menschen gegen die Ermordung von Johannes Lücke, einem Mitglied der SPD-Organisation „Reichsbanner“.

Am Tag nach der Bücherverbrennung 1933 berichteten die Bremer Nachrichten von „großer Beteiligung seitens der Bevölkerung“ und „Tausenden von Zuschauern“. Die dabei abgebildeten Fotos zeigen aber einen vergleichsweise eher kleinen Scheiterhaufen, was darauf hindeutet, dass die Begeisterung der Bremer Bevölkerung nicht ganz so groß war .  KAWE