die taz vor 19 jahren über hessens rot-grüne koalition vor dem scheitern
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Die rot-grüne Musterkoalition in Hessen steht am Scheideweg. Der Versuch des SPD-Wirtschaftsministers Steger, in Sachen Brennelementefabrik ALKEM mit einem ausgefeilten Blendwerk von Auflagen und Verboten zu täuschen, kann von den Grünen nicht hingenommen werden. Mit der verdeckten Aufrechterhaltung der Plutoniumwirtschaft hat sich Steger über die Koalitionsvereinbarungen und die auf diversen SPD–Parteitagen verabschiedete Programmatik hinweggesetzt.

Sollte es sich bestätigen, daß die Vorgehensweise des Wirtschaftsministers den Beifall der Staatskanzlei fand, wird es für die hessischen Grünen höchste Zeit, diesem Regierungsbündnis den Rücken zu kehren. Noch konnten die Mitglieder der Landtagsgruppe und Joschka Fischer, der klugerweise bereits angekündigt hat, im Kabinett die Unterschrift unter das „ALKEM–Werk“ zu verweigern, mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer genaueren Prüfung der Stegerschen Scheinauflagen und -verbote die geforderte klare Stellungnahme „verweigern“.

Doch nachdem der „große Bluff“ aufgedeckt ist, müssen in Wiesbaden von den Grünen die Konsequenzen gezogen werden. Falls Steger bleibt, muß Fischer gehen. Soll das Bonner „Aussitzen“ nicht auch in Hessen zur Mode werden, hat zumindest Steger seinen Hut zu nehmen. Und für die ALKEM darf es keine, wie auch immer geartete Genehmigung geben.

Klaus-Peter Klingelschmitt, taz, 14. 1. 1987