BERLUSCONIS RECHTSREFORMEN NUTZEN VOR ALLEM EINEM: IHM SELBST
: Ein Mann bleibt sich treu

Hundertprozentig habe er sein Wahlprogramm von 2001 umgesetzt – mit dieser Botschaft zieht Silvio Berlusconi derzeit in den Wahlkampf. Da lächelt die Mehrheit der Italiener müde. Allzu offensichtlich ist, dass Italiens Rechte so gut wie keines ihrer Versprechen gehalten hat: Weder sind die Steuern gesunken, noch die Renten gestiegen – und mehr Arbeitsplätze gibt es auch nicht. Berlusconi hat in den letzten Jahren bloß sein ganz privates Wahlprogramm umgesetzt. Wenn der Unternehmer morgens in den Spiegel schaut und da den Politiker Berlusconi sieht, dann kann er seinem Alter Ego freundlich zunicken und sich denken: „Der Mann hält Wort.“

Und zwar bis zuletzt. Am Donnerstag winkte der Senat ein Gesetz durch, das der Justiz eine weitere Hürde in den Weg legen soll bei ihren Versuchen, Berlusconi endlich doch noch den Prozess zu machen. In Zukunft darf ein verurteilter Angeklagter wie gehabt Berufung einlegen; bei einem Freispruch dagegen ist die Berufungsinstanz einfach abgeschafft. In Italien wundert sich niemand mehr über den „Zufall“, dass auf diesem Weg ein gerade anlaufendes Berufungsverfahren gegen Berlusconi abgewürgt wird. Niemand auch ist erstaunt darüber, dass das Gesetz von Berlusconis Strafverteidiger eingebracht wurde, der zugleich Vorsitzender des Rechtsausschusses im Parlament ist.

Berlusconi schließt damit eine Gesetzgebung würdig ab, die dem immer gleichen Prinzip gehorchte. Von der Abschaffung des Straftatbestandes Bilanzfälschung vor fünf Jahren bis zur jetzt erfolgten Streichung der Berufungsinstanz: Wichtig war einzig und allein, wie der Ministerpräsident seinen Hals retten konnte. Welche Schäden die neuen Normen in Italiens Justiz anrichten, war Berlusconi herzlich egal. Er wird mit aller Wahrscheinlichkeit die Wahlen im April verlieren, doch das muss ihn nicht weiter kümmern. Sein ganz persönliches Recht auf Straffreiheit hat er erfolgreich durchgesetzt – mit den verheerenden Wirkungen seiner „Reformen“ für Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit darf sich dann die nächste Regierung herumschlagen. MICHAEL BRAUN