portrait
: Ein Fachmann in geheimen Sachen

Vorschusslorbeeren hatte er nicht bekommen. Als August Hanning am 17. Dezember 1998 von Rot-Grün als neuer Präsident des Bundesnachrichtendienstes vorgestellt wurde, urteilte die Süddeutsche Zeitung lapidar: „Seine Berufung ist kein atemberaubender Einfall der Neuen in Bonn, aber auch kein schlechter Zug.“ In der Tat: Neues hatte der Mann, der heute Staatssekretär im Innenministerium ist, nicht sonderlich viel zu bieten. Er war längst ein Altgedienter. Mit Skandalen kennt sich der promovierte Jurist bestens aus. Bevor Hanning zum BND gerufen wurde, wirkte er als Stellvertreter des affärenträchtigen CDU-Geheimdienstkoordinators Bernd Schmidbauer. Zuvor war er Beamter im Bundeskanzleramt und Geheimschutzbeauftragter an der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ostberlin.

Die geplante Lieferung sowjetischen Militärgeräts, getarnt als landwirtschaftliche Maschinen, an Israel beschäftigte den leidenschaftlichen Schachspieler ebenso wie der vom BND initiierte Schmuggel von knapp 400 Gramm Plutonium von Moskau nach München. Der letzte Skandal, den der 59-Jährige an der Spitze des Geheimdienstes ausbaden musste: Auf der Suche nach einem Leck in der Pullacher Behörde ließ der BND über Jahre illegal Friedensforscher und Journalisten überwachen.

Fleißig, verlässlich, scharfer Verstand, keine Visionen lautet das Expertenurteil über Hanning. Ob er den BND modernisieren könnte, bezweifelten viele. Der deutsche Auslandsgeheimdienst galt lange als anrüchiger Haufen von Geheimniskrämern, die eine Panne nach der anderen produzierten.

Unter Hannings Vorgänger Hans-Jörg Geiger öffnete sich der Dienst allmählich. Hanning setzte den Kurs fort. Er lud im Herbst 1999 erstmals zu einem öffentlichen Symposium, er gewährte Journalisten und Wissenschaftlern dann und wann Zugang zu dem streng abgeschirmten Pullacher BND-Gelände, er ließ eine Homepage (www.bnd.de) einrichten (siehe Seite 18).

Gestärktes Selbstbewusstsein demonstriert der Geheimdienstchef, als er etwa vor dem Irakkrieg seine Zweifel an einem Militärschlag äußerte. Hanning vermisste bei den USA „ein klares Konzept“ für eine Neuordnung des Landes. Dass er damit Recht behalten hat, kann den besonnen und uneitel wirkenden Beamten heute kaum glücklich machen. Der Irak hat ihn wieder eingeholt. Was genau war der Auftrag der beiden BND-Mitarbeiter, die während des Kriegs im Bagdad verblieben? Haben die zwei mit US-amerikanischen Diensten kooperiert, am Ende gar Tipps für Bombenabwürfe gegeben? Hanning hat viel zu erklären.

WOLFGANG GAST