Kurzkritik: Johnny Liebling in der Lila Eule
: Lustvolles Männertheater

Die Aufreißer der Vorstadt müssen sie gewesen sein – großmäulig, lederjackig, lebensgierig in ihrer Jünglingspracht, gebadet in Gigolo-Öl, die Füße Trippeltrappel tanzelegant trainiert. Heute, circa 20 Jahre später, stehen die glorreichen Fünf im Lila-Eule-Keller, nennen sich in kecker Melancholie „Johnny Liebling“ und packen spaßvogelig ihre kabarettreife Männerpoesie aus.

„Goldene Zeiten fuhren vorbei in’nem Ferrari/mit Tarnanstrich.“ Zu lange gewartet, gefleht, gehofft, „dass der Wind sich noch mal dreht“. Dabei hat sich nur der Bauchansatz kokett über den Gürtel gewellt. Aber: „Es ist niemals zu spät, wenn man mal weiß, wie’s geht.“ Und die schrulligen Newcomer-Popsenioren wissen, wie es geht.

In rhythmisch vornehmer Zurückhaltung wird geswingt, ein wenig Fox, Polka, Latin-Groove und auch mal eine Rockgitarre. Zwei Soulbrothers an der Rampe, das Hemd offen zum Brusthaarlüften, Fluppe, Longdrink und weiße Stiefel, die den Beat über den Boden wischen, tupfen, streicheln. Das Sängerduo fabuliert über die „Universen zwischen Männern und Frauen“, diesen eher luftleeren Raum. Lustvoll musiziertes Männertheater aus lässiger Freizeithaltung. Mit dem Mut zum sichtbaren Scheitern der Biografie. Der aus den Gesichtern geknitterte Vortänzercharme ist dem lebenserfahrenen Hinterhertänzercharme abgezockter Frauenverzauberer gewichen. Gurrende Popgockel als knurrende Blueshunde.

Hamburger Stadtmusikanten erkunden letzte Möglichkeiten, noch einmal richtig Mann zu sein. Alte Knacker, geile Macker. Tiefer als nur vom Barhocker gefallen sind sie. Und dabei herzensgut ironisch.

Jens Fischer