Eine nachgereichte Würdigung der Neuen von Element of Crime (plus etwas Reimzwang mit Snorre Schwarz)

Muss man Element of Crime noch würdigen? Die Band, auf die Berlin fast so stolz ist wie auf Marlene Dietrich und Hotte Buchholz zusammen? Die Band, deren Sänger nichts falsch machen kann, selbst wenn er Bücher schreibt? Die Band, die der Rezensent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit Wörtern wie „exquisit“, „filigran“ und „kompassnadelgleich“, „Suada“ oder „Kaskadenstruktur“ überschüttet? Nein, muss man natürlich nicht. Aber vielleicht muss man die Frage anders stellen: Kann man Element of Crime überhaupt oft genug würdigen? Sehen Sie. Eben. Ist die Antwort doch zweifellos: Sicherlich nicht. Und damit sei auch entschuldigt, dass wir das aktuell angebrachte Würdigen hier mal viel zu spät, aber dafür angemessen nachholen wollen.

Denn Element of Crime haben eine neue Platte herausgebracht. Die heißt „Immer da wo du bist bin ich nie“ und ist zum Glück so ziemlich wie all die anderen zuvor, die schon prima waren. Also zupft Jakob Ilja wieder ganz entspannt seine Gitarre, scharwenzeln Bass und Schlagzeug wie zufällig dahin, bläst Sven Regener kurz in die Trompete und reimt ansonsten Hummer auf Kummer, meckert über dumme Kinder oder besingt das Schweinesystem. Er versichert uns glaubhaft, dass Metaphern auch nur Pickel im Gesicht tragen, und erzählt, dass er mal Spargelkönig war. Und wenn er singt, und wir wissen alle, dass das eher ein weihevolles Sprechen ist, dann wird selbst so ein schlichter Satz wie „Bitte, bleib bei mir“ zu Poesie.

Also, kurz gesagt: Element of Crime sind mal wieder großartig. Kein bisschen zu ironisch, niemals zynisch, aber immer abgeklärt erklären sie uns zwar nicht die Welt da draußen, aber dafür, warum wir diese Welt nicht mehr verstehen wollen.

So weit, so weise ist Snorre Schwarz noch nicht. Aber doch auch bereits zu einigen Einsichten gelangt. Eine von denen ist: „Was morgen kommt, kann so sein und kann auch anders sein.“ Oder auch: „Ich kommt aus der Ferne und mein Herz ist voller Sterne.“ Einen noch: „Ich liebe dieses Leben, ich hab so viel zu geben.“

Man sieht also, dass sich Schwarz, der früher bei der Punkband Die Fremden und heute bei der Klezmer-Kapelle Di Grine Kuzine Schlagzeug spielt, auf seinem Debütalbum „Petit Berlinois“ allzu oft vom Reimzwang in die Zange nehmen und manches Wortgeklingel leider seinen Sinn vermissen lässt. Vielleicht ist es ja auch als Dada gemeint, denn auf die Zeit zwischen den Kriegen bezieht sich Schwarz jedenfalls ästhetisch. Dazu posiert er auf der CD-Rückseite als Boxer mit Schiebermütze und verzichtet musikalisch aufs eigene Instrument. Ohne Schlagzeug werden da mitunter wunderbare Preziosen gewebt, die sich nicht so recht einordnen lassen wollen in die bekannten Genres. Manches klingt nach Liedermacher, anderes eher nach Jazz, dann wieder nach osteuropäischer Folklore oder französischem Chanson. Doch diese Unentschiedenheit ist nicht das Problem. Das allzu gewollte Reimeschmieden ist es. Da fehlt Snorre Schwarz ganz eindeutig noch die Nonchalance eines Sven Regener. THOMAS WINKLER

■ Element of Crime: „Immer da wo du bist bin ich nie“ (Vertigo/Universal), live am 7. 2. Arena

■ Snorre Schwarz : „Petit Berlinois“ (Phonector), live am 11. 2. im Kaffee Burger