Landesfürst trifft Kirchenfürst

BEGEGNUNG Wowereit und Woelki schätzen sich – sagen sie. Der Religionsunterricht aber bleibt umstritten

An der holzgetäfelten Wand ein gut zwei Meter großes Kreuz mit dem leidenden Christus, davor ein weiß gedeckter Tisch. Darauf aber stehen nicht Kelch oder Monstranz, sondern Mikrofone. Und von den beiden Männern Ende 50 dahinter ist nur einer ein Kirchenmann. Im Tagungshaus der katholischen Bistums in Mitte haben sich Kardinal Rainer Maria Woelki und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit vor Journalisten gesetzt, um von einem Treffen zwischen Kirche und Senat zu erzählen.

Es ist das erste Mal seit 2007, dass es zu diesem zuvor traditionell zweijährlichen Treffen gekommen ist. Die Wiederauflage habe nichts mit dem Einzug der CDU in den Senat zu tun, versichert der Senatssprecher. Mal soll dieses, mal jenes die Sache verhindert haben.

Kirche und Senat, das war wegen des 2009 gescheiterten Volksbegehrens zum Religionsunterricht allerdings zeitweise vermintes Gebiet. Zu heftig war die Auseinandersetzung. Nun aber sitzen da zwei Männer nebeneinander, die sich ausdrücklich gegenseitiger Wertschätzung versichern. „Man kennt sich, man versteht sich“, sagt der 59-jährige Wowereit und spricht von einer vertrauensvollen Atmosphäre. Er will das Verhältnis zur katholischen Kirche auch gar nicht so zerrüttet wahrgenommen haben – „das war eher der Part der protestantischen Seite“.

Woelki, der drei Jahre Jüngere, nickt bei vielem. Bei dem Treffen war es durchaus nicht immer die christdemokratische Seite des Senats, die die Kirchenanliegen teilte: Anders als beim Religionsunterricht stand die SPD-Seite etwa beim Asylrecht näher an den Kirchenleuten als die CDUler.

Für den Unterricht malt Woelki ein düsteres Szenario. 4,5 Millionen Euro würden der Kirche in diesem Bereich fehlen – „wenn das so bleibt, sehen wir uns nicht in der Lage, Religionsunterricht flächendeckend anzubieten“, so der Kardinal. Für Wowereit ist manches eine Organisationsfrage, etwa die oft raren katholischen Kinder in Lerngruppen zusammenzufassen, wie er das schon aus seiner Schulzeit kenne. Wowereit ist nach eigenen Worten heute noch Katholik.

Später, der Tisch vor dem Kreuz ist wieder leer, erzählt der Senatssprecher noch, was in der Senatssitzung vor dem Treffen mit der Kirche anstand. Ein Punkt: Das Land Berlin kassiert künftig 30 Euro für einen Kirchenaustritt. Gängige Praxis soll das in anderen Bundesländern sein. Die Kirchenoberen dürfte es gefreut haben – hält es vielleicht noch den einen oder anderen vom Austritt ab. STEFAN ALBERTI