HEIKE HOLDINGHAUSEN ÜBER EINEN NEUEN RATGEBER ÜBER GIFTFREIES SPIELZEUG
: Gefahr aus der Gummiente

Wer sein Kind vor giftigem Spielzeug bewahren möchte, hat bislang schlicht Pech gehabt

Der neue „Einkaufsführer für gutes Spielzeug“ vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ist sinnvoll und praktisch. Allen Eltern, die ihren Kindern Puppen und Autos ohne Hormone und Schwermetalle schenken wollen, sei er ans Herz gelegt – und allen Großeltern, Tanten, Freunden, Einkäufern für Kindergärten, Schulen und Restaurant-Spielecken.

Die lange Liste derer, denen man den Einkaufsführer empfehlen möchte, offenbart die Schwäche der Idee des aufgeklärten Konsumenten, der die Probleme schlechter Waren lösen soll. Kinder bekommen nicht nur von ihren Eltern Spielzeug. Selbst wenn diese vor jedem Geburtstagsfest oder vor Weihnachten all die vielen Testhefte und Siegel-Richtlinien wälzen – sollen sie etwa eine Gummiente wegwerfen, die Opa aus dem Discounter mitgebracht hat? Oder ihr Kind im Restaurant an den Hochstuhl fesseln, damit es nicht mit den dort angebotenen Filzstiften spielt? Wer sein Kind vor giftigem Spielzeug bewahren will, hat bislang schlicht Pech gehabt. Er kann nur auf Brüssel hoffen, denn den Schlüssel für bessere Produkte hält die EU-Kommission in der Hand.

Unter dem scheidenden Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) hatte sie eine Richtlinie vorgelegt, die mangelhafte Kontrollen und viel zu niedrige Schadstoffgrenzwerte vorsieht. Im nächsten Jahr tritt sie in Kraft. Es ist also noch genügend Zeit für Nachbesserung. Die deutsche Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat diese auch schon gefordert, nachdem kürzlich ihr hauseigenes Bundesinstitut für Risikobewertung eine viel zu hohe Blei- und Cadmiumbelastung in Spielzeugen gemessen hat. Nun sollte Aigner ihre konservativen Parteifreunde im EU-Parlament über ihre Erkenntnisse informieren – denn die haben vor gut einem Jahr noch für die malade Richtlinie gestimmt. Wirklich wirksam wird der Einkaufsführer erst, wenn die Öffentlichkeit damit Druck auf Regierungen und EU ausübt: für strengere Gesetze.

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