unterm strich
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Die indische Bestsellerautorin und Globalisierungskritikerin Arundhati Roy hat den höchsten Literaturpreis Indiens aus politischen Gründen abgelehnt. In einem gestern veröffentlichten Schreiben teilte die 44-Jährige der vom Staat finanzierten Sahitya-Akademie in Neu-Delhi mit, sie fühle sich sehr geehrt, könne die Auszeichnung aber nicht annehmen, weil sie gegen verschiedene Aspekte der indischen Regierungspolitik Abscheu hege. Als Kritikpunkte nannte sie den Besitz von Atomwaffen, eine wachsende Militarisierung, den Bau großer Staudämme, eine neoliberale Wirtschaftspolitik und die indische Haltung zur US-Politik im Irak und in Afghanistan. Der mit 50.000 Rupien (knapp tausend Euro) dotierte Sahitya-Preis für 2005 sollte ihr für die Essay-Sammlung „The Algebra of Infinite Justice“ (Die Algebra unendlicher Gerechtigkeit) verliehen werden.

Der Bundestag will in dieser Woche mit der Umbenennung der Deutschen Bibliothek (Frankfurt am Main/Leipzig) eine „Deutsche Nationalbibliothek“ ins Leben rufen. Dagegen melden die Länder Widerstand an, denen in der Föderalismusreform gerade im Kulturbereich ihre Eigenständigkeit bescheinigt wurde. Sie vertreten die Auffassung, dass es in Deutschland keine zentrale Nationalbibliothek nach englischem oder französischem Vorbild gibt. Die neue Bezeichnung beinhalte einen „nicht einlösbaren Anspruch“, da vor allem die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz und die Bayerische Staatsbibliothek gleichwertige und teilweise weiter gehende Aufgaben erfüllten. Sie verweisen auf die in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern völlig anderen Bibliothekstraditionen, die sich nicht zentral gebildet hätten. Der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung, der auch die Ausweitung des Sammelauftrags auf die elektronischen Medien vorsieht, geht noch auf eine Initiative der früheren Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) zurück. Er wurde von der neuen Bundesregierung übernommen; der Gesetzentwurf ist von Weiss’ Nachfolger Bernd Neumann (CDU) im Dezember unterzeichnet worden. Scheitern wird er am Veto des Bundesrates jedoch nicht, da er nicht zustimmungspflichtig ist.