hört auf den Sound der Stadt

MALTE GÖBEL

Wichtigstes Thema in der Musik ist die Liebe, aber auf Platz 2 steht der Tod. Im Pop auf jeden Fall, bei klassischer Musik könnte man streiten, ob christliche Werke eher Jesus-hippiemäßig der Liebe zuzurechnen sind oder religiös-fatalistisch dem Tod. Jedenfalls: Das Ende von allem ist immer wieder Thema. Auch diese Woche auf ganz verschiedenen Konzerten: Im Radialsystem steht ab Samstag das Human Requiem auf dem Programm. „Selig sind die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden“, heißt es in „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms, hier gesungen vom Rundfunkchor unter der Leitung von Simon Halsey. Der Trost als „humane Botschaft“ wird für das Publikum noch erlebbarer, weil die Inszenierung die Aufteilung in Auditorium und Bühne aufbricht, Singende und Hörende sich mischen und bewegen, sogar auf einer Schaukel – „abenteuerlich und ungeheuer eindrucksvoll“ fand es taz-Autorin Katharina Granzin vor anderthalb Jahren bei der ersten Aufführung (Radialsystem, Holzmarktstr. 33, 18.–20., 24., 25. Mai, 20 Uhr).

Morbide dagegen: Murder By Death sind mit ihrem sechsten Album „Bitter Drink Bitter Moon“ auf Tour. Der Bandname bezieht sich auf einen Film von 1976, eine Mystery-Komödie mit u. a. Alec Guinness, Peter Sellers und Truman Capote – und die fünf Indie-Rocker können froh sein, dass sie aus Indiana und nicht aus Deutschland stammen, sonst hätten sie sich vielleicht „Verzeihung, sind Sie der Mörder?“ nennen müssen (so der deutsche Titel) – viel zu klamaukig für ihre düstere Musik. „Das sind definitiv Songs für Menschen, die eine harte Zeit durchmachen“, warnt Frontmann Adam Turla, wobei auch Melancholie und Wehmut schön sein können. Dafür sorgen Turlas Bariton und das Cellospiel von Multiinstrumentalistin Sarah Balliets. (Bi Nuu, im U-Bhf. Schlesisches Tor, Mi, 22. 5., 21 Uhr, 17 €).

Eher spielerischen Umgang mit dem Thema pflegen Bass Drum of Death. Hier taugt der Tod weniger als inhaltliche Größe, auch nicht als Referenz für Lautstärke oder Tempo, er ist eher ironisches Korrektiv. Frontmann John Barrett beschreibt seine Musik so: „Das bin einfach ich in einem Raum mit einer Menge Kram, und ich kämpfe mit mir, damit ein guter Sound rauskommt.“ Der Kampf hört auch nicht auf, wenn er eigentlich vorbei ist: Barrett saß nach den Aufnahmen zum aktuellen Album schon in der Kneipe, als ihm ein Gitarrenriff nicht mehr aus dem Kopf ging. Also ging er heim, improvisierte einen Song – und war erst nach weitere drei Stunden wirklich fertig. Kein morbider, aber umso mitreißenderer Garagenrock aus verschlafener Mississippi-Idylle (White Trash, Schönhauser Allee 6–7, 21. 5. 20 Uhr, 13 €).