„Von Gleichheit keine Rede“

BÖHNHASEN Selbständige Handwerker formieren sich gegen den Meisterzwang

■ 31, ist gelernter Zimmerer, reisender selbständiger Handwerker und Organisator des ersten Hamburger Böhnhasentreffen.

taz: Herr Hackstette, was sind Böhnhasen?

Florian Hackstette: Böhnhasen wurden im Mittelalter jene Gesellen genannt, die ihre selbständigen Handwerksfähigkeiten heimlich ausüben mussten, da sie nicht den Zünften angehören wollten oder konnten. Sie galten auch als ‚Störer‘ der Zunftordnung. Häufig praktizierten sie auf Dachböden – eben auf ‚Böhn‘ – und wurden Opfer zünftiger Repression.

Was machen Sie?

Ich bin Zimmerer im Reisegewerbe und übe diese Tätigkeit rund um den Holzbau aus. Im Übrigen arbeite ich selbstverständlich auch mit Meistern dieses Faches zusammen.

Worin liegen die Probleme für selbständige Handwerker ohne Meisterbrief?

Meister- und Kammerzwang schränken massiv die Gewerbefreiheit ein. Viele Tätigkeitsfelder sind im stehenden Gewerbe ohne Brief nicht möglich.

Scheuen deshalb qualifizierte Handwerksgesellen den Weg in die Selbständigkeit?

Richtig. Die Kammern propagieren ihre einseitige Version der Selbständigkeit im Handwerk. Wer nach Alternativen zum „klassischen“ stehenden Betrieb sucht, merkt schnell, dass die Innungen ein Auge auf sie haben. Da wird einem dann mitgeteilt, was mensch angeblich darf oder angeblich nicht darf.

Nach EU-Richtlinie ist es Handwerkern aus Mitgliedstaaten erlaubt, ihre Tätigkeit ohne Meisterbrief in Deutschland auszuüben. Warum nicht heimischen Handwerkern?

Das verstehe ich auch nicht. Ein solches System, das potenzielle Selbständige in die Schwarzarbeit treibt, ist EU-weit quasi nur noch in Deutschland zu finden. Es geht hier vorwiegend um Unternehmerinteressen, von Gleichheit kann keine Rede sein.

Selbst das Bundesverfassungsgericht kritisiert ja, dass der Meisterzwang gegen das Recht auf freie Berufswahl verstößt …

Tatsächlich drängt sich der Verdacht auf, dass hier immer noch Ständedenken vorherrscht. Nichts gegen den Meistertitel, aber jeder sollte seine Fähigkeiten frei anbieten können.

Was ist das Ziel des Hamburger Böhnhasentreffens?

Es soll ein Netzwerk entstehen, das zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung anregt. Eine Anlaufstelle für Gesellinnen und Gesellen, die den Schritt in die Selbständigkeit wagen wollen. Das Ganze dann nicht heimlich auf dem Dachboden, sondern in Form von Gewerbefreiheit.  INTERVIEW: KVA

Böhnhasentreffen: 19 Uhr, „Feldstern“, Sternstraße 2