Stegner bleibt in Doppelfunktion

PARTEITAG Die schleswig-holsteinische SPD diskutiert über Ämtertrennung und die Zukunft der Partei. Der SPD-Bundesvorsitzende Gabriel spricht sich für Kohlekraftwerke und unterirdische CO2-Speicherung aus

„Experimentiert. Die Partei muss sich wandeln“

Sigmar Gabriel, SPD

Es hätte ein kurzer Parteitag werden können: Gleich der erste Redner forderte die Neuwahl des Landesvorsitzenden. Wäre das durchgekommen, hätten die Delegierten der SPD Schleswig-Holstein, die sich am Wochenende in Neumünster versammelt hatten, ihr Treffen gleich wieder beenden können. Der Antrag wurde niedergestimmt – so schritten Landeschef Ralf Stegner und der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel durch ein Spalier roter Stimmkarten durch die Halle.

Was hat zu den Wahlniederlagen in Bund und Land geführt, wie geht es mit der SPD weiter? Dazu hatte es in den vergangenen Monaten interne Debatten gegeben, deren Ergebnisse auf dem Parteitag beraten wurden. Es gab Selbstkritik und es schwang die Frage mit: Sind Personen schuld – speziell Ralf Stegner in der Doppelfunktion als Landesvorsitzender und Spitzenkandidat? „Ich stelle mich der Diskussion“, sagte Stegner. Er sähe die Schuld nicht bei Personen: „Wir sind eine Programmpartei, wir werden an Inhalten gemessen.“ Ändern müsse sich auch der Umgang: „Keine Partei redet so schlecht über sich selbst wie die SPD.“ Zur Debatte über die Trennung von Ämtern sagte Stegner, es sei in der Opposition sinnvoll, mehrere Funktionen in einer Person zu vereinigen.

Es sei sinnvoll, die Führungsspitze „breiter aufzustellen“, forderten mehrere Redner. Und basisdemokratisch sei das Verfahren nicht: „Erst reden die Profis, für die Debatte bleibt keine Zeit.“ Es wäre gut, mehr Frauen in die Führung zu holen. Andere, darunter die ehemalige Ministerpräsidentin Heide Simonis sprangen Stegner zur Seite: „Wo ist denn die Gegenkandidatur?“ Man habe den Eindruck, Stegner solle „hinterrücks einer reingepult werden“, so ein Redner. Die Debatte um die Trennung von Amt und Mandat sei „unehrlich“, befanden mehrere Delegierte: Ginge es um alle Ebenen? Oder nur um Stegner? „Wenn es Bedarf gibt, wird sich die Partei die Diskussion nicht verbieten“, sagte der ehemalige Arbeitsminister Uwe Döring. Ein Zwang zur Debatte sei aber überflüssig. Die Anträge wurden abgelehnt.

Angesichts von Mitgliederschwund und Überalterung forderte Gabriel: „Experimentiert. Die Partei muss sich wandeln.“ Klar sprach er sich für Kohlekraftwerke aus. Ohne Atom und Kohle bliebe nur das teure Gas, sagte Gabriel. Daher müsse es für eine „bestimmte Frist“ neue Kohlekraftwerke geben. Notwendig sei auch die unterirdische Speicherung von CO2. Lange Pipelines schloss Gabriel aber aus. Zuvor hatte er gefordert, dass die Atomkraftwerk-Betreiber die Kosten für die Sanierung der Atomendlager zu übernehmen hätten. ESTHER GEISSLINGER