Hertha als Titelkandidat

Gut ist der Hertha-Trainer vor allem im Beschönigen

VON JOHANNES KOPP

Vielleicht ist gerade jemand dabei, ein Buch über die Talfahrt der Hertha zu schreiben. Und falls es an einer Idee für einen geeigneten Titel mangeln sollte, kann man als Inspirationsquelle wärmstens die Statements von Hertha-Trainer Friedhelm Funkel empfehlen. Weil sich diese Woche für Woche aufs Haar gleichen, bieten seine Äußerungen zum verlorenen Spiel bei Werder Bremen (1:2) am Freitagabend genügend Anregungen.

Funkel sagte zum Beispiel: „Am nächsten Wochenende müssen wir wirklich gewinnen.“ Trefflicher könnte man doch kaum die Geschichte dieses blau-weißen Niedergangs überschreiben, wo die immer aufs Neue enttäuschte Hoffnung aufs nächste Spiel projiziert wird. Oder man könnte einen Standardsatz von Funkel herausgreifen, den er jede Woche trotz des kaum kleiner werdenden Punkterückstandes zum Besten gibt – so auch in Bremen: „Der Klassenerhalt ist weiter möglich.“

Dieser Titel würde die scheinbare Unverdrossenheit des Berliner Strohhalm-Glaubens in den Vordergrund rücken. Weil die spielerischen Künste wenig Anlass zur Hoffnung geben, hat man sich auf die rechnerischen verlegt. Der Schwenk von der Praxis hin zur Theorie ist auffällig.

Auch nach dem Spiel gegen Bremen entwickelte Funkel eine eigenwillige Hypothese. Die Niederlage bezeichnete er trotz drückender Überlegenheit des Gegners als „unglücklich“. Und er kaprizierte sich dabei auf ein Tor von Theofanis Gekas, das fälschlicherweise wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung nicht gewertet wurde.

Man könnte zu Recht einwenden, dass „Der Klassenerhalt ist weiter möglich“ zu fade für einen Buchrücken wäre. Aber Funkel sagt ja noch mehr: „Die Mannschaft hat sich stabilisiert, die Moral ist gut, und sie zeigt, dass sie Niederlagen wegstecken kann.“ Wenn man dieses Resümee verdichtet, hätte man die zuletzt erkennbare Steigerung der Herthaner mit berücksichtigt. Die könnte heißen: „Besser verlieren“.