Verdeckt, versteckt, verleugnet

Die CDU will keine Armutsberichterstattung und diese Ablehnung auch nicht begründen

„Man siehet die im Lichte / Die im Dunkeln sieht man nicht“ – das wird sich in Hamburg auch in Zukunft nicht ändern. Ein Antrag der GAL, der Senat möge wieder alle drei Jahre Armutsberichte für die Hansestadt vorlegen, wurde gestern in der Bürgerschaft erwartungsgemäß von der CDU abgelehnt.

Neben den oppositionellen Fraktionen von GAL und SPD hatten sich auch die Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände für eine regelmäßige Armuts-Berichterstattung ausgesprochen. Der letzte Bericht ist 1997 erschienen; nach dem Regierungswechsel hatte Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram die Evaluation gestoppt.

Die sozialpolitische Sprecherin der GAL, Martina Gregersen, begründete vor gelichtetem Plenum – von 63 CDU-Abgeordneten waren gerade mal 22 anwesend – den Antrag ihrer Fraktion mit den Worten, „eine Therapie der Armut braucht eine umfassende Diagnose“. Die wichtigsten Fakten zu Armut und Obdachlosigkeit würden in Hamburg derzeit „nicht erfasst“. Die wenigen Daten, die vorlägen, seien „lückenhaft und hoffnungslos veraltet“, so Gregersen. Nur wer eine „genaue Kenntnis der Fakten“ habe, könne politisch steuern. „Aber das wollen sie bei diesem Thema anscheinend gar nicht“, kritisierte die GALierin die CDU-Regierung.

Der SPD-Sozialpolitiker Uwe Grund warf dem Senat vor, Armut in Hamburg zu „verstecken, verleugnen und zu verdrängen“. Es müssten die Ursachen herausgefunden werden, forderte er, welche Auswirkungen Arbeitslosigkeit auf Verarmung habe und warum Kinder vernachlässigt würden.

Grund erinnerte daran, dass die Hamburger Armutsberichterstattung Anfang der neunziger Jahre auf Drängen der CDU überhaupt erst zustande gekommen war. Jetzt, wo sie in der Regierung seien, wollten die Christdemokraten von ihren alten Forderungen „nichts mehr wissen“. Genauso wenig wie davon, „welche Konsequenzen ihr politisches Handeln hat“, so Grund, „und noch weniger über verdeckte und versteckte Armut“.

Dem CDU-Abgeordneten Frank-Thorsten Schira kam die Aufgabe zu, in einem Kurzbeitrag zu begründen, warum seine Fraktion den Oppositionsantrag abschmettern würde. Stärkstes, weil zugleich einziges Argument des Fraktionsfachsprechers fürs Soziale: Ein „ausuferndes Berichtswesen würde die Ämter lahm legen“.

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram sah sich übrigens nicht genötigt, in diese Debatte einzugreifen. Marco Carini