Ein Richter spricht Klartext

PROZESSAUFTAKT JONNY K.

„Das Verfahren wird im Saal geführt – und nicht in den Medien“

RICHTER SCHWECKENWIECK

Vor dem Gerichtssaal 500 herrscht großes Gedränge. Kamerateams, Fotografen, schreibende Presseleute – viele Medien sind am Montag beim Auftakt des Prozesses um den Tod des 20 Jahre alten Jonny K. vertreten. Der Fall hat weit über Berlin hinaus Aufsehen erregt: Jonny K. war im Oktober Opfer eine tödlichen Prügelattacke geworden. Sechs junge Männer müssen sich nun wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Beteiligung an einer Schlägerei verantworten.

Anders als bei vergleichbaren Prozessen dieser Größenordnung besteht jedoch keine Akkreditierungspflicht; der Vorsitzende Richter Helmut Schweckenwieck hat bewusst darauf verzichtet. Nach dem Motto: Keiner wird ausgeschlossen, wenn alle zusammenrücken, wird es schon gehen. Eine souveräne Entscheidung. Aber Schweckendieck taugt auch sonst für Überraschungen.

Schweckenwieck ist ein hagerer älterer Herr mit kurzen grauen Haaren. Er stellt gleich klar, wer hier das Sagen hat. Keine Handys, keine SMS, kein Twitter: „Ausschalten!“ Auf eine „weitere Selbstverständlichkeit“ weist er außerdem hin: „Das Verfahren wird im Saal geführt – und nicht in den Medien.“ Er sagt das mit Blick auf die teilweise tendenziöse und „nicht am Ermittlungsstand“ orientierte Vorberichterstattung. Deutliche Worte, die nicht nur bei bei Verteidigern und Angeklagten gut ankommen.

Im Saal 500 wurden früher Prozesse gegen RAF-Mitglieder verhandelt. Aus dieser Zeit stammen die Boxen aus schusssicherem Glas, in denen die angeklagten jungen Männer sitzen. Der Lüftungsschlitz ist gerade mal so groß, dass man eine Akte durchschieben kann. „Diese Glaskästen schätze ich nicht“, sagt Schweckenwieck. Er werde anordnen, dass die Angeklagten künftig neben ihren Verteidigern sitzen könnten.

Der Vorsitzende ist im Gerichtssaal immer der Chef, er bestimmt die Spielregeln. Schweckenwieck aber gehört nicht zu der Sorte Richter, die von einer Aura der Unberührbarkeit und Arroganz umgeben sind. Seine Entscheidungen lassen ihn menschlich erscheinen. In der Sache selbst jedoch gilt Schweckenwieck als unnachgiebig. Die Angeklagten sollten sich warm anziehen. PLUTONIA PLARRE