Neue Hürden für Schüler in Botswana

Afrikas entwicklungspolitisches Musterland führt Schulgebühren in der Sekundarstufe wieder ein

JOHANNESBURG taz ■ Mit Beginn des neuen Schuljahres letzte Woche sind Schulgebühren für die höheren Klassen in Botswana wieder Pflicht. Nach zwanzig Jahren freier Erziehung für alle sieht sich die Regierung gezwungen, Kosten einzusparen. Etwa 170.000 Lernende im Alter von 13 bis 18 Jahren sind betroffen.

Botswana gilt als Entwicklungsmodell Afrikas. Das Land ist der größte Diamantenproduzent der Welt und liegt mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 4.000 US-Dollar an der Spitze auf dem Kontinent. Bis jetzt war es das einzige Land Afrikas, in dem Oberschulen gratis waren. In den meisten afrikanischen Ländern kostet der gesamte Schulbesuch Geld, doch immer mehr Länder machen jetzt zumindest den Grundschulunterricht kostenlos. Botswana war das einzige Land Afrikas, in dem bisher auch Oberschulen gratis waren. Das ist nun vorbei.

Botswanas Regierung verlangt nun von den Eltern fünf Prozent der Gesamtkosten des Unterrichts pro Jahr. Schüler in den ersten Klassen der höheren Schulen zahlen demnach 54 US-Dollar und in den oberen Klassen 81 US-Dollar pro Jahr, im Technikon 136 US-Dollar. Doch das Einkommen der Eltern wird laut Regierung geprüft, und wer wenig verdient, könne weniger zahlen und den Betrag übers ganze Jahr verteilen, heißt es.

„Jeder sagt uns, wir sind reich und können alles bezahlen“, hält Badumetse Hobona vom Erziehungsministerium Kritikern entgegen. „Botswana ist ein Land mit mittlerem Einkommen, und wir geben mehr als 20 Prozent des Gesamthaushaltes für Erziehung aus.“ Daher habe Botswana seit 1987 diesen Sektor mit Rückflüssen aus der Diamantenindustrie stark finanziert. Damals gab es aber noch viel Unterstützung durch internationale Geldgeber – heute nicht mehr.

Botswanas Pro-Kopf-Einkommen ist allerdings ungleich verteilt. 36 Prozent der 1,8 Millionen Einwohner leben unter der absoluten Armutsgrenze von einem Dollar pro Tag. Otsweletse Moupo, Präsident der Oppositionspartei „Botswana National Front“, kritisiert: „Die meisten Leute leben in Armut, sie können keine neue Schulgebühr bezahlen. Eltern werden ihre Kinder, besonders Mädchen, nicht mehr zur Schule schicken.“ Eine Arbeitslosigkeit von etwa 25 Prozent trage zur Verschlechterung der Lage bei.

Während Botswana Schulgebühren wieder einführt, lebt im benachbarten Südafrika die Debatte wieder auf, die Schulen in den ärmsten Gegenden endlich von Gebühren zu befreien. Das war bereits 2002 vom regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) beschlossen worden. Seitdem ist aber nichts passiert, auch weil im föderalen System Südafrikas Bildung Sache der Provinzen und autonomen Schulbehörden ist. Schulgebühren in Südafrika schwanken zwischen 1.500 Euro pro Jahr in Eliteschulen und sechs Euro in ländlichen Gebieten. Selbst das ist für arme Familien zu viel. „Die einstige Rassentrennung hat sich in eine Klassentrennung gewandelt“, sagt John Lewis von der Demokratischen Lehrergewerkschaft Südafrikas (Sadtu).

MARTINA SCHWIKOWSKI