Remis mit einem Tor

TITELKAMPF II Schalke fällt zurück, weil beim 0:0 in Freiburg ein regulärer Treffer keine Anerkennung findet

FREIBURG taz | Es gibt offenbar auch torlose Remis, die durch eine einzige Szene entschieden werden. Zum Beispiel durch einen Kopfball wie den von Schalkes Marcello Bordon, der den Ball kurz nach dem Wiederanpfiff so präzise gegen die Unterkante der Latte wuchtete, dass er ganz knapp hinter der Torlinie aufkam (47.). Allerdings offenbar zu knapp für das menschliche Auge. Dem guten Schiedsrichter Jochen Drees wollte nach dem Schlusspfiff jedenfalls keiner einen Strick daraus drehen, dass er den Treffer nicht gegeben hatte. Stattdessen sah Schalke-Coach Felix Magath die Strukturkonservativen an den Schalthebeln von Uefa und DFB in der Verantwortung: „Es gibt Amateure, die meinen, dass man die modernen Hilfsmittel im Profifußball nicht einsetzen muss – deshalb gibt es jedes Wochenende einen anderen, der sich ärgert.“ Ob man künftig auf den Chip im Ball setze oder die Hintertorkamera, das sei ihm dabei egal, Hauptsache, der Status Quo werde reformiert. Auch ein Torrichter als fünfter Unparteiischer sei da nur eine halbherzige Lösung: „Sinnvoll wäre etwas, das solche Szenen sofort auflöst. Dann hätten wir die eine oder andere Ungerechtigkeit weniger – das wäre doch ganz schön.“

Sein Freiburger Kollege Robin Dutt, der sich sichtlich über den Punktgewinn freute, wollte da nicht widersprechen. Auch er plädiert für die Technik. Warum Jahr für Jahr aerodynamischere Bälle, modernere Schuhe und neuartigere Trikots entwickelt werden, man sich aber bei wirklich spielentscheidenden Szenen einer Fritz-Walter-Romantik bedient, muss man als Trainer ja auch nicht zwangsläufig verstehen. „Man hat mir mal gesagt, man hätte es gern menschlich“, berichtete Dutt über die Gründe, die angeblich gegen den Einsatz des Chips im Ball sprächen: „So wird es allerdings unmenschlich.“

Noch am Donnerstag hatte Dutt eine Brandrede gehalten. Nach der Worst-case-Ausbeute von null Punkten aus den drei Rückrundenspielen hatten sich selbst im friedlichen Breisgau die kritischen Fragen gehäuft. Von der Philosophie, mit spielerischen Mitteln den Erfolg zu suchen, werde er nicht abrücken, erklärte Dutt. „Am Ende bleiben wir drin, und die Mauermannschaften steigen ab.“

Die dafür nötigen Grundtugenden „Topeinsatz“ und „Leidenschaft“, die der kämpferische Übungsleiter angekündigt hatte, zeigte der SC dann auch tatsächlich. Gegen eine Schalker Mannschaft, die es sich in den ersten 20 Minuten in der eigenen Hälfte ziemlich gemütlich machte, war der SC feldüberlegen und schlicht „die bessere Mannschaft“ – auch in dieser Frage waren sich beide Trainer einig. Nach der Pause änderte sich das gründlich. Schalke hatte außer dem Bordon-Kopfball (47.) noch zahlreiche andere gute Gelegenheiten durch Kevin Kuranyi (63.) oder Lukas Schmitz (70.). Spätestens nachdem noch Jefferson Farfan eine Großchance versiebt hatte (83.), konnte sich der Aufsteiger über das Remis wirklich freuen. CHRISTOPH RUF