Gut im Plan

EM 2012 In Polen und der Ukraine laufen die Vorbereitungen gut. Dennoch sind die meisten Fans frustriert: in Polen über Korruption im Fußball, in der Ukraine über Politikergezänk

Gruppe A

Deutschland, Türkei, Österreich, Belgien, Kasachstan, Aserbaidschan

Gruppe B

Russland, Slowakei, Irland, Mazedonien, Armenien, Andorra

Gruppe C

Italien, Serbien, Nordirland, Slowenien, Estland, Färöer

Gruppe D

Frankreich, Rumänien, Bosnien, Weißrussland, Albanien, Luxemburg

Gruppe E

Niederlande, Schweden, Finnland, Ungarn, Moldawien, San Marino

Gruppe F

Kroatien, Griechenland, Israel, Lettland, Georgien, Malta

Gruppe G

England, Schweiz, Bulgarien, Wales, Montenegro

Gruppe H

Portugal, Dänemark, Norwegen, Zypern, Island

Gruppe I

Spanien, Tschechien, Schottland, Litauen, Liechtenstein

Modus: Gruppen-1. und bester Gruppen-2. plus Gastgeber Polen und Ukraine für EM qualifiziert; andere Gruppen-2. in der Relegation

Spieltermine: 3./4. und 7. September, 8./9. und 12. Oktober 2010, 25./26. und 29. März, 3./4. und 7. Juni, 2./3. und 6. September, 7./8. und 11. Oktober 2011

AUS WARSCHAU GRABRIELE LESSER

Polen und Ukrainer lagen sich in den Armen, als die Uefa im April 2007 entschied, wo die Fußballeuropameisterschaft 2012 stattfinden sollte. Immerhin hatte sich auch Italien beworben. Rom galt als Favorit. Doch nicht die Stadt am Tiber, sondern Warschau und Kiew machten das Rennen. Der Jubel in den osteuropäischen Ländern war unbeschreiblich. Liveschaltungen im Fernsehen zeigten, wie hier und dort gefeiert wurde. Fünf Jahre Zeit zur Vorbereitung auf die EM schien lang genug zu sein. Die Aufbruchstimmung beflügelte alle. In Polen und der Ukraine würden neue Stadien, Hotels und Straßen entstehen. Neue Züge, Straßenbahnen und Busse würden das Leben für alle schöner und angenehmer machen.

Heute ist die Stimmung eher düster. Wenn das Wort „Fußball“ oder gar „EM 2012“ fällt, stöhnen die meisten Polen und Ukrainer gequält auf. In Polen ist „Fußball“ fast schon zu einem Synonym für „Korruption“ geworden. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein Trainer, Torwart oder Schiedsrichter verhaftet, vor Gericht gestellt oder verurteilt würde. Über 200 Fälle hat die Presse schon gezählt. Der Vorwurf ist immer derselbe: Schiebung. Der Handel mit den Toren hat den meisten Fußballfans die Freude an diesem Sport vergällt. Denn wer könnte heute noch mit Sicherheit sagen, ob ein Tor fällt, weil die eine Mannschaft tatsächlich besser spielt? Vielleicht wurde dem Torwart der gegnerischen Mannschaft oder auch dem Schiedsrichter vor Spielbeginn ein dicker Umschlag in die Hand gedrückt?

Als Polens Regierung versuchte, den Korruptionssumpf auszutrocknen, den Chef des nationalen Fußballverbandes abberief und einen Kurator einsetzte, stellten sich Fifa und Uefa auf die Seite des polnischen Fußballverbandes und zwangen Polens Premier, den Kurator wieder abzuziehen. Die Unabhängigkeit der nationalen Fußballverbände müsse gewahrt bleiben, argumentierten der Europäische und der Weltfußballverband. Sollte es zu Straftaten im polnischen Fußball gekommen sein, sei es Aufgabe der Polizei und der Staatsanwaltschaft, die Täter zu fassen, nicht die des polnischen Sportministeriums. So geht es in Polen weiter wie bisher. Marcin Wodziński, Sportlehrer und Jugendtrainer, hält die Listenplätze auf den Tabellen für reine Fiktion: „Es gibt keinen echten polnischen Fußball mehr. Nur noch Business“, sagt er. „Am besten schickt man alle Profifußballer nach Hause, die Funktionäre gleich mit, löst die alten Strukturen auf und fängt mit jungen Leuten völlig neu an.“ In der Ukraine wiederum sah es lange so aus, als würde das Land die Infrastrukturinvestitionen nicht bewältigen können.

Zur Wirtschaftskrise kam der politischer Dauerzwist zwischen Präsident Wiktor Juschtschenko und Regierungschefin Julia Timoschenko. Erst als westliche Journalisten das Gerücht streuten, Deutschland könne als Partner einspringen, wenn die Ukrainer die Fußballstadien und Hotels nicht termingerecht fertig bekämen, gab sich Timoschenko einen Ruck. Die Aufholjagd begann. Dennoch zog Uefa-Präsident Michel Platini in Erwägung, als Spielorte für die Fußball-EM 2012 nur zwei ukrainische und dafür sechs polnische Städte zu benennen. Da sich Polen als enger Freund der Ukraine versteht, war Deutschland als Ersatzpartner völlig inakzeptabel für Polen.

Inzwischen sind beide Länder mit dem Großteil der Investitionen im Zeitplan. Die acht Stadien werden fast alle bis Ende 2010 fertig. Nur Wrocław (Breslau) in Niederschlesien wird den Plan nicht einhalten können. Hier musste Stadtpräsident Rafal Dutkiewicz die Notbremse ziehen, den Vertrag mit der Baufirma kündigen und eine neue beauftragen. Nun soll die deutsche Baufirma Max Bögl bis Ende 2011 die neue Arena fertigstellen. Die öffentlichen Investitionen zur Vorbereitung der EM 2012 betragen in der Ukraine schätzungsweise 16 bis 18 Milliarden Euro, in Polen rund 25 Milliarden Euro.