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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Männer jagten Blaubären

■ betr.: „Pink stinkt“, taz vom 6./7. 2. 10

Wie üblich, wenn man argumentativ am Ende ist, muss wieder die Evolution als Erklärung herhalten. Mädchen mögen pink, weil die Frauen früher Beeren gesammelt haben. Und die sind rot. Überzeugend, denkt man an Blaubeeren. Im Umkehrschluss mögen dann Jungs blau, weil die Männer früher Jäger waren und … was gejagt haben? Bestimmt Blaubären! Abgesehen davon, dass diese Theorie der steinzeitlichen Arbeitsaufteilung schon lange als patriarchales Wunschrollenmuster von Archäologen des letzten Jahrhunderts widerlegt wurde, bleibt von dem Argument wenig über, auch wenn es „Wissenschaftler“ veröffentlicht haben. Wie es zu den im Text beschriebenen kulturellen Veränderungen in Farbzuschreibungen kommen kann (was ja auch der „Liegt in den Genen“-Theorie widerspricht), das wäre interessant gewesen. VRONI RETZER, Marburg

Geschichtsvergessene Linkenschelte

■ betr.: „Soll der öffentliche Dienst gegen verlängerte AKW-Laufzeiten streiken?“, taz vom 2. 2. 10

Was überhaupt ein „politischer“ Streik sei, fragt Micha Brumlik zu Recht. Allerdings nicht, um die problematische rechte (Um-)Deutung des Grundgesetzes zu kritisieren, die jeden nicht auf Arbeitsbedingungen bezogenen Streik illegalisiert, sondern um die Linkspartei für latent verfassungsfeindlich zu erklären. Gerade Brumlik als ehemaliger Direktor des Fritz Bauer Instituts sollte es besser wissen: Zu den demokratischen JuristInnen, die in den 50er und 60er Jahren die Rechtmäßigkeit auch des politischen Demonstrationsstreiks zur Förderung der Wirtschaftsbedingungen (siehe Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz) verteidigt haben, gehörte nicht zuletzt Fritz Bauer. Und mit dem angeblich bedrohten freien Mandat der Bundestagsabgeordneten argumentierten Rechte wie Forsthoff und Nipperdey. Es ist also in Wahrheit Brumliks geschichtsvergessene Linkenschelte, die in die Sackgasse führt. JOHANNES F. PETERS, Freiburg

Goldabbau verletzt Menschenrechte

■ betr.: „Vergiftetes Leben“, taz vom 3. 2. 10

Die Goldgewinnung durch offenen Bergbau bedeutet nicht nur ein untragbar hohes Unfallrisiko, bei dem freigesetzte hochgiftige Chemikalien wie Zyanid oder Quecksilber katastrophale Schäden für Mensch und Natur verursachen können, wie im Fall Baia Mare in Rumänien. Sie stellt auch eine tägliche Vergiftung von Grundwasser und Umwelt sowie die Zerstörung der Lebensgrundlagen dar. In vielen Ländern wird der Goldabbau unter freiem Himmel sogar rechtlich durch spezielle Minengesetze begünstigt. Der Goldabbau verletzt mehrfach die Menschenrechte, zum Beispiel das Menschenrecht auf Gesundheit, auf Trinkwasser, auf eine saubere und gesunde Umwelt, auf Information und Mitsprache. Die Menschenrechtskonvention ist in die meisten Staatsverfassungen aufgenommen und darf durch kein Gesetze niedrigeren Ranges missachtet werden, in diesem Sinne sind sämtliche Minengesetze verfassungswidrig. Es sind vielfältige Interventionen gefragt, nicht nur juristischer Art, vor Ort kann die Bildung der Bevölkerung in Menschenrechten und Formen, dieselbigen einzufordern, gefördert werden; aber vor allem ist internationale Solidarität gefragt, da in den betroffenen Ländern – zum Großteil Entwicklungs- und Schwellenländer – oft keine Gelder für Forschung und Statistik vorhanden sind, die wissenschaftlich die Folgeschäden für Umwelt und Gesundheit belegen könnten. Der Goldabbau könnte ein interssantes Thema für Diplom oder Masterarbeiten von Hydrologen, Medizinern, Juristen oder Umweltwissenschaftlern sein. DOMINIQUE ECKSTEIN, Wentorf bei Hamburg

Keine böse Absicht

■ betr.: „Missbrauch bei Hartz IV nimmt zu“, taz vom 3. 2. 10

Diese Überschrift ist irreführend und falsch. Im Artikel steht, dass 1,8 Prozent mehr Strafverfahren eingeleitet wurden und vor allem Langzeitarbeitslose davon betroffen sind. Ich gehe davon aus, dass Langzeitarbeitslose seit vielen Jahren jedes halbe Jahr die vielen Formulare für die Behörde ausfüllen müssen. Ich gehe weiterhin davon aus, dass nicht alle Langzeitarbeitslosen ein Hochschulstudium absolviert haben und froh sind, wenn sie durch diese Behördenformulare halbwegs durchsteigen. Wie wir taz-Leser wissen, werden die Hartz-IV-Verfahren ständig geändert und verschärft. Da sind 1,8 Prozent von Langzeitarbeitslosen, die falsche Angaben machen, ein sehr geringer Anteil und nicht unbedingt böse Absicht. Wie viel Prozent der Papiere sind denn aus Versehen zuungunsten der Betroffenen ausgefüllt? Gibt es da auch Zahlen? FRIEDERIKE BERKING, Heidesee