Am Problem vorbei-gestritten

Debatte um Vetternwirtschaft bei Piraten

SEBASTIAN ERB

Die Sache an sich ist weder besonders dramatisch noch skandalös. Die Arbeitsverträge waren längst unterschrieben, als sich eine Piratenliebe anbahnte zwischen zweien, die in keinem direkten beruflichen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Mehr will man eigentlich gar nicht wissen. Es lässt sich höchstens noch darüber streiten, ob es geschickt vom Fraktionsvorstand war, Christopher Lauers potenzielle Schwiegermutter in spe zur Leiterin der Pressestelle zu befördern.

Viel interessanter ist, wie die Piraten mit der Sache umgingen, nachdem Journalisten davon erfuhren. Der Fraktionsvorstand stellt nicht nüchtern die Lage dar, sondern bläst auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz zur Jagd auf den, der die Sache ausgeplaudert haben soll.

Anspruch und Wirklichkeit

Bemerkenswert dabei: Der Fraktionsvorstand versteckt sich hinter juristischem Klein-Klein. Die Sache sei kein Problem, weil die Liebenden nicht verheiratet seien. Moment mal: Die Piraten fordern „die gleichberechtigte Anerkennung unterschiedlicher Lebensentwürfe und Familienmodelle“. Muss also die Regelung für Ehepaare nicht auch für andere Lebenspartner gelten?

Das diskutieren die Piraten nicht. Sie jagen lieber Whistleblower, die sie eigentlich schützen wollen. Da stimmt etwas nicht, denn die Partei hat den Anspruch, anders als die etablierten Parteien zu sein: weniger Machtgerangel, mehr persönliche Integrität von Politikern. Oder muss man schon sagen: Sie hatten den Anspruch?