Die Woche vor der Feierwoche

DOUBLE Meister Wolfsburg gewinnt auch den DFB-Pokal und zementiert seine Position als neue Nummer eins. Zum Champions-League-Finale in London reist man nun ohne Druck

„Wir erkennen an, was die Frauen bei uns leisten, sie machen ihre Sache sehr, sehr gut“

KLAUS ALLOFS, FRAUENVERSTEHER

AUS KÖLN FRANK HELLMANN

Variante eins lautete: „Schön essen und vielleicht ein Bier trinken“ (Anna Blässe). Version zwei hörte sich so an: „Gemütlich zusammensitzen und ein, zwei Wein genießen“ (Martina Müller). Dass die Festivitäten des VfL Wolfsburg nach dem Triumph im DFB-Pokalendspiel in einem Kölner Innenstadthotel verhältnismäßig nüchtern ausfielen, wo doch weit mehr als tausend mitgereisten VfL-Anhängern der Sinn nach einer rauschenden Party stand, war dem Umstand geschuldet, dass dem Double auch noch das Triple folgen kann.

„Erst die Endspielwoche, dann die Feierwoche“, lautete die Erklärung des für die Frauen-Belange beim VfL zuständigen Thomas Röttgermann. Dass auch Geschäftsführerkollege Klaus Allofs, Männer-Trainer Dieter Hecking oder Aufsichtsratschef Javier Francisco Garcia Sanz die Frauen vor Ort unterstützen, kommt nicht oft vor, „aber wir erkennen an, was die Frauen bei uns leisten“, erklärte Allofs, „sie machen ihre Sache sehr, sehr gut.“ Und kosten nur Bruchteile vom Männerbudget.

Bereits am Mittwoch geht es für die niedersächsische Entourage via Charter von Braunschweig nach London, wo an der berühmten Stamford Bridge das Finale der Women’s Champions League steigt. Dafür lohnt es sich, ein bisschen Enthaltsamkeit zu üben, versicherte Ralf Kellermann. „Bei uns braucht es keine Verbote: Die Mannschaft ist diszipliniert genug, da schlägt keiner über die Stränge.“ Der in Doppelfunktion als Trainer und Manager tätige 44-Jährige hatte sichtlich Mühe, nach dem 3:2 (1:0) gegen Turbine Potsdam bereits die Aufgabe gegen Olympique Lyon zu kommentieren. Seine programmatische Ansage geht eingedenk der geklärten nationalen Wachablösung für den internationalen Showdown so: „Wir haben jetzt gar keinen Druck mehr.“

Anspannung hatte es ja genug am Pfingstsonntag gegeben, als sich in der Domstadt nur 14.269 Augenzeugen nach Müngersdorf locken ließen – Minusrekord im vierten Jahr der Eigenständigkeit. Der Vorschlag von Turbine-Trainer Bernd Schröder („es werden in Zukunft eher weniger als mehr Zuschauer“), wieder zum Modus des Männer-Vorspiels nach Berlin zurückzukehren, verbietet sich aus sportpolitischer Sicht. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach verließ demonstrativ Seite an Seite mit Bundespräsident Joachim Gauck den Kabinentrakt. Das Staatsoberhaupt berichtete nach der unfallfreien Siegerehrung an VfL-Kapitänin Nadine Keßler („Joachim Gauck hat mich schon vorgewarnt, dass der Pokal schwer ist“) glaubhaft, dass er schon vorher „ein Fan des Frauenfußballs“ gewesen sei, diesmal habe „etwas viel Kampf und Krampf“ mitgespielt.

Immerhin stimmte – bei teils sehenswerten Toren von Martina Müller (45. und 52.) und Conny Pohlers (55.) für Wolfsburg und Lisa Evans (60.) und Yuki Ogimi (62./Foulelfmeter) für Turbine – die dramaturgische Unterhaltung, obgleich es nicht nur Bundestrainerin Silvia Neid „an spielerischer Qualität und der nötige Raffinesse“ mangelte. Sie glaubt übrigens, dass der deutsche Meister und Pokalsieger gegen den französischen Seriensieger kaum eine Chance hat, „wenn Lyon einen guten Tag erwischt“.

Der in Doppelfunktion als Trainer und Manager tätige Kellermann gibt für den London-Trip nur diese Losung aus: „Ohne Druck hinfahren und genießen.“ Ein Problem besteht unverändert: Die Uefa hat zwar der VfL-Delegation 30 Eintrittskarten fürs Männerfinale zur Verfügung gestellt, doch weil Kellermann alle Spielerinnen und Helferinnen mit an die Themse nimmt, fehlen noch Tickets. Die aufzutreiben dürfte mutmaßlich noch schwerer werden, als den seit nunmehr in 118 Pflichtspielen ungeschlagenen Titelverteidiger zu bezwingen.