Fernsehen macht dumm und traurig

In Norddeutschland hocken Viertklässler laut einer Studie täglich drei Stunden vor Glotze, Videospiel oder PC – weit mehr als im Süden. Der Kriminologe Pfeiffer warnt: „Kinder sollten keinen eigenen Fernseher haben“

„Bild, BamS und Glotze“ braucht der Ex-Kanzler, bitte auch Letzteres nicht für Kinder, lautet die Dauer-Botschaft seines Parteifreundes Christian Pfeiffer. „Die Pisa-Studie hat Recht mit ihrer Aussage, der Süden sei leistungsstärker“, sagt der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts (KFN) und einstige niedersächsische Justizminister. Allerdings habe Pisa den Zusammenhang zwischen Schulleistungen, Sozialstatus und Medienkonsum nicht beleuchtet. Auch hier liegt der Norden nämlich weit hinten. Das hat eine nicht repräsentative KFN-Studie ergeben, für die im vergangenen Jahr 6.000 Schüler der vierten und 17.000 Schüler der neunten Klasse in elf Städten und Kreisen sowie in ganz Thüringen befragt wurden. Die Ergebnisse für Oldenburg sind bereits öffentlich, die für die Landkreise Lehrte und Soltau-Fallingbostel hält Pfeiffer noch unter Verschluss. Dennoch warnt der Kriminologe vor zu viel Glotzerei der Kleinen insbesondere im Norden: „Kinder sollten keinen eigenen Fernseher haben. Zu viele Eltern schieben hier ihre Kinder vom Wohn- ins Kinderzimmer ab.“

Videospiele sowie „Sex und Crime“ im Fernsehen prägen laut der Untersuchung den Alltag vieler Jugendlicher. Parallel mit dem sozialen Abstieg hat sich in vielen Familien die „Medienverwahrlosung“ verstärkt. Im Norden hocken Viertklässler täglich 180 Minuten vor TV oder PC, im Süden nur 129 Minuten, in einer wohlhabenden Stadt wie München sind es nur 90 Minuten. Im Norden schauten nach eigenen Angaben 40 Prozent der Jungs regelmäßig TV-Filme, die erst für über 18-Jährige zugelassen sind, im Süden sei der Anteil nur halb so hoch. Pfeiffers Einschätzung: Kinder mit zu hohem Medienkonsum sind eher „dick, dumm, krank und traurig“. Sie bekommen eher eine Hauptschulempfehlung, ihre Gewaltbereitschaft ist höher.

Überraschend gut schnitt Oldenburg ab: Hier ist die Jugendgewalt laut Pfeiffer am geringsten. Auch die Bereitschaft zur Toleranz ist in der Studentenstadt hoch: 90 Prozent der türkischen Kinder wurden hier von einem deutschen Kind zum Geburtstag eingeladen, in Dortmund nur 29 Prozent.

Immerhin: Beim Vergleich mit Erhebungen aus den Jahren 1998 und 2000 hat Pfeiffer festgestellt, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr so oft züchtigen: Inzwischen wachsen die Hälfte der Kinder und zwei Drittel der Jugendlichen ohne Ohrfeige auf. Dafür ist die Zahl der Misshandlungen gleich geblieben: Bei Kindern liegt die Quote bei etwa sieben, bei Jugendlichen bei fünf Prozent. Kai Schöneberg