Springer geht auf die Barrikaden

taz-Serie Bürgerbegehren (Teil 7 und Schluss): Seit Dezember 2004 diskutiert die Stadt über die Umbenennung der Koch- in Rudi-Dutschke-Straße. Jetzt erhebt die Axel Springer AG Widerspruch

VON THILO KNOTT

Die Axel Springer AG geht gegen die geplante Umbenennung des östlichen Teils der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße auf die Barrikaden. Der Medienkonzern legt Widerspruch gegen einen Beschluss des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg ein. Das bestätigte Springer-Konzernsprecherin Edda Fels der taz. „Wir haben uns einer Interessengemeinschaft angeschlossen, die gemeinsam Widerspruch einlegt“, sagte Fels. Die Interessengemeinschaft umfasst 28 Anlieger der Kochstraße. Vertreten wird die Interessengemeinschaft durch die Kanzlei Mock Rechtsanwälte, die zuvor im Auftrag der Axel Springer AG die Straßenumbenennung rechtlich prüfen ließ.

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg hatte im August 2005 mit einer Mehrheit aus Linkspartei und Grünen die Umbenennung der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße beschlossen. Ausgangspunkt der mehrmonatigen Diskussion war die taz-Initiative „Berlin braucht eine Dutschke-Straße“ im Dezember 2004. Anwohner der Kochstraße hatten nach der Bekanntgabe der Straßenumbenennung im Amtsblatt im Dezember 2005 einen Monat Zeit, um Widerspruch beim Bezirksamt einzulegen. Das Bezirksamt muss jetzt dazu Stellung nehmen. Bei einer Ablehnung des Widerspruchs bleibt den Gegnern der Straßenumbenennung nur noch der Gang vor das Verwaltungsgericht.

Dem Vernehmen nach argumentieren die Gegner der Dutschke-Straße, dass die Umbenennung eines Senatsbeschlusses bedarf, da es sich bei dem einstigen Studentenführer Rudi Dutschke um eine Person des öffentlichen Lebens gehandelt habe. Zuletzt hatte der Senat nach einer parlamentarischen Anfrage der CDU-Fraktion jedoch klargestellt, die Benennung von Straßen sei Sache der Bezirksämter. Ein entsprechender Beschluss des Senats sei daher nicht nötig.

Zudem hat das Bezirksamt Zweifel, ob alle 28 Anlieger der Interessengemeinschaft berechtigt sind, Widerspruch einzulegen. Nach einer ersten Prüfung stellte das Bezirksamt fest, dass nicht alle der 28 Anlieger zugelassen werden könnten, schließlich seien einige nur Mieter und Gewerbetreibende, nicht aber Eigentümer. Auch die Zulassung des Widerspruchs durch die Axel Springer AG ist fraglich. Der Konzern habe die Axel-Springer-Straße als Adresse und könnte von der Straßenumbenennung daher nicht betroffen sein, hieß es. Der Widerspruch der 28 Umbenennungsgegner wird in den nächsten drei Wochen beantwortet.

Länger wird ein anderes Verfahren dauern, das die CDU Friedrichshain-Kreuzberg auf den Weg gebracht hat: das Bürgerbegehren gegen die Dutschke-Straße. Anfang Februar will die CDU mit der Sammlung von knapp 5.000 Unterschriften von Wahlberechtigten im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg beginnen. Diese Zahl ist erforderlich, damit das Bürgerbegehren überhaupt zugelassen werden kann. Dutschke sei ein Gegner der parlamentarischen Demokratie gewesen und daher als Namensgeber ungeeignet, begründete die CDU ihr Bürgerbegehren.

Sollte die Union mit der Unterschriftenaktion Erfolg haben, muss erneut die BVV über die Dutschke-Straße entscheiden. Entweder nimmt das Parlament den Umbenennungsbeschluss zurück – oder es kommt zum Bürgerentscheid. Bei diesem Verfahren müssen mindestens 25.000 Wahlberechtigte abstimmen, damit der Entscheid gültig ist. Die einfache Mehrheit entscheidet – für oder gegen die Dutschke-Straße.