Eine Zitterpartie für Flüchtlinge

HILFE Das Beratungszentrum Refugio sammelt Spenden für seine Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

„Das Wichtigste ist, ihnen Schutz und Stabilität zu geben“

Ingrid Koop, Leiterin Refugio

Manchen hilft das regelmäßige Fußballtraining und ab und an ein Gespräch mit einem psychologisch geschulten Betreuer. Andere sind aufgrund eigener Erfahrungen oder Erlebnisse ihrer Eltern so traumatisiert, dass sie therapeutisch behandelt werden müssen. Was die Kinder und Jugendlichen, die alleine oder mit ihren Familien nach Deutschland geflohen sind, brauchen, zeigt sich in einem ersten Beratungsgespräch bei Refugio, dem Bremer Beratungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer.

Seit ein paar Jahren, erzählt dessen Leiterin Ingrid Koop, biete Refugio gezielt etwas für Kinder und Jugendliche an – immer im Rahmen eines Projekts, für das sie Geld einwerben muss. Eine Finanzierung durch das Land Bremen gebe es nur für eine halbe Psychologenstelle plus Honorarkosten für Dolmetscher, sagt Koop. Daher muss die Beratungsstelle, die jährlich 250 Menschen betreut – darunter 40 Prozent Minderjährige –, Spenden einwerben. Aktuell unterstützt die Frankfurter Bethe-Stiftung das Refugio-Präventionsprojekt „Der Gewalt keine Chance“: Jeden Euro, der bis Mitte August 2013 unter dem Stichwort „Kinder“ an Refugio gespendet wird, verdoppelt die Stiftung.

Nicht alle der Kinder und Jugendlichen, die zu ihnen kämen oder von Eltern, LehrerInnen und ÄrztInnen geschickt würden, seien behandlungsbedürftig, sagt die Psychotherapeutin Ingrid Koop. Häufig reiche es aus, ihnen „den Rücken zu stärken“, wie sie es nennt, um eine Erkrankung zu verhindern – oder um zu vermeiden, dass die erlebte Gewalt zu eigenen Gewaltausbrüchen führt.

Dabei seien die Erfahrungen, die die Kinder und Jugendlichen in ihren Heimatländern oder auf der Flucht gemacht haben, nicht immer das, was sie oder ihre Eltern aus der Bahn geworfen hat. Sondern erst der Aufenthalt in Flüchtlingsheimen, die Hilflosigkeit in einer fremden Kultur mit unverständlichen Gesetzen und Regeln.

„Das Wichtigste ist, ihnen Schutz und Stabilität zu geben“, sagt Koop. Insofern sei die fehlende finanzielle Absicherung von Refugio nicht nur für sie und ihre KollegInnen problematisch, sondern vor allem für ihre KlientInnen, die nicht wissen, wie lange sie noch Hilfe bekommen können – und von wem. „Das ist für alle eine Zitterpartie.“

Die Kinder- und Jugendarbeit ist durch die Unterstützung der Stiftung Aktion Mensch für anderthalb Jahre gesichert.

Im Februar hatte der Senat angekündigt, eine Aufstockung der Mittel für Refugio zu prüfen. Ein Sprecher der Sozialsenatorin sagte gestern, man müsse darüber mit den benachbarten Bundesländern verhandeln. Nach Angaben von Refugio kommen 30 Prozent ihrer KlientInnen nicht aus Bremen. Die Beratungsstelle bietet 20 bis 25 Therapieplätze an und arbeitet mit niedergelassenen TherapeutInnen zusammen.  EIB