LESERINNENBRIEFE
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Geht alles wieder von vorne los?

■ betr.: „Unter Hasspredigern“, taz vom 4. 2. 10

Ich bin empört über Ihren Artikel, der im gleichen Fahrwasser fährt wie die von Ihnen kritisierten Autoren. Sie scheinen nie einer Veranstaltung mit Necla Kelek beigewohnt zu haben. Sie scheinen nie mit Frauen gesprochen zu haben, die sich aufgrund moslemischer Männermacht wieder einer Gleichberechtigungsdiskussion ausgesetzt sehen, die sie hinter sich glaubten. Sie scheinen nie auf den Schulhöfen und Klassen beobachtet zu haben, wie gerade Jungen aus muslimischen Elternhäusern ihre Klassenkameradinnen mit einem Sexismus drangsalieren, von dem sich deren Mütter befreit glaubten. Geht das alles wieder von vorne los!? Sexistische Bemerkungen sind schon längst wieder salonfähig, der sexistische Blick ist kein Grund zur Aufregung mehr. Sie haben recht, Broder ist ein grandioser Polemiker. Schön, dass unsere Gesellschaft ihn toleriert.

INKEN STEEN, Bremen

Klassen- statt Religionsproblem

■ betr.: „Unter Hasspredigern“

Daniel Bax hat völlig recht – es handelt es sich viel eher um ein Klassen- als um ein Religionsproblem. Wenn man die gebildete, städtische Oberschicht in arabischen Ländern betrachtet, stellt man fest, dass diese sich in der Regel keine engen, religiös begründeten Zwänge antut. Mehr Empirie und Analyse sind tatsächlich vonnöten, auch wenn diese keinen so großen „Unterhaltungswert“ haben wie Vorurteile bedienendes Getöse. MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Man bleibt ratlos zurück

■ betr.: „Unter Hasspredigern“

Da sind sie wieder, die typischen Gutmenschenreflexe, vor denen sich ganz offensichtlich auch ein Daniel Bax nicht in Sicherheit bringen konnte. Islamkritik landet bei ihm sogar – wenn auch auf Umwegen – beim Antisemitismus. Das ist neu, aber überraschend ist das nicht. Es gehört offenbar zu einer Art linksliberalen Scholastik, dass der Islam eine tolle Sache ist. Wer etwas anderes behauptet, muss folglich unter Wahnvorstellungen leiden, Geld damit verdienen, oder Snob sein. Geradezu bösartig ist der Versuch von Bax, den „Nestbeschmutzern“ per se das Recht auf Kritik abzusprechen, weil sie ja praktisch nicht zum guten Teil der Gesellschaft gehören, also zum einfachen Volk. Also zu jenen Leuten, denen Bax in anderen Fällen gerne ein Plätzchen am Stammtisch reserviert. Man bleibt ratlos zurück, wenn man die Polemik gelesen hat.

ANDREAS LEHMANN, Hamburg

Muslime brauchen Moscheen

■ betr.: „Unter Hasspredigern“

Nicht nur an der Saar, sondern auch in Iserlohn ist ein heftiger öffentlicher Streit über den geplanten Bau einer Moschee im Barendorfer Bruch entstanden. Ich habe mich ganz klar für den Bau ausgesprochen. Wenn wir die Integration fördern möchten, sollten gerade wir als Bürger positiv voranschreiten. Auch Muslime brauchen Moscheen, um ihren Glauben auszuleben. Wir sollten jetzt mit der Diskussion beginnen, um Vorurteile abzubauen. Meine Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden. Die Religionsfreiheit ist im Grundgesetz schließlich verankert.

Ich habe vor einiger Zeit in Iserlohn mit der VHS eine Moschee unserer türkischen Gemeinde kennengelernt und war von der Freundlichkeit dieser Gemeinde sehr angetan. Setzen wir auch als Bürger positive Zeichen für die Integration und für den Bau von Moscheen. Es bedeutet auch gleichzeitig mehr Kultur für uns alle! Das sage ich auch grade als evangelischer Christ. MARTIN BRÖMER, Iserlohn

Religion ist „Auslegeware“

■ betr.: „Unter Hasspredigern“

Religion ist – um das nach Loriot schönste deutsche Wort zu bemühen – „Auslegeware“. In einem demokratischen Rechtsstaat hat jeder Bürger die Pflicht, seine Religion so auszulegen, dass sie die Grundrechte nicht beschädigt. Wenn die einschlägigen Zahlen stimmen, verhält sich die Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime in diesem Punkt unproblematisch. Andere sind noch dabei, zu lernen, was die Garantie gleicher Rechte von ihnen verlangt. Die christlichen Kirchen haben das am Ende auch lernen müssen. Warum also denen, die vielleicht manchmal etwas zu lautstark auf die entsprechenden Lernschwierigkeiten hinweisen, den Mund verbieten?

RUDOLF SELBACH, Bonn