Einblick (474)

HEIDI SILL, BILDENDE KÜNSTLERIN

■ Heidi Sill, geb. in Fürth/Bayern, Studium an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, Institut des Hautes Etudes en Arts Plastiques in Paris. 1995–2002 Wohnen und Arbeiten in Paris, seit 2002 in Berlin. Stipendien: z. B.: Projekt- und Reisestipendium (USA) des Freistaats Bayern, Stipendium der Adenauer-Stiftung Berlin, Cité Internationale des Arts Paris, Künstlerdorf Schöppingen. 2012/2013 Lehrauftrag an der UdK Berlin; zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland.

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum? Heidi Sill: Sehr inspirierend: Paul McDevitt bei Sommer & Kohl, humorvolle kleine Blätter bei denen das Tagwerk des Künstlers am Schreibtisch, Notizen, Telefonnummern etc. mit halluzinierend schönen Aquarellen überlagert ist. Nebenan bei Supportico Lopez das Manuskript „La Crevette Amoureuse“ von Henri Chopin: Auf 146 Seiten entfaltet der 2008 verstorbenen Avantgardist mit Schreibmaschine, Klebstoff und Schere eine wundervolle Erzählung, bei der sich Sinn und Unsinn gegenseitig ausspielen.

Aufgeregt hat mich die Ausstellung „Macht Kunst“ in der Deutsche Bank Kunsthalle, die damit Künstler für ihre Werbezwecke instrumentalisiert. Sie boten keinen Versicherungsschutz, beanspruchten aber die vollen Nutzungs- und Veröffentlichungsrechte für sich und vergaben ein (!) – von der Deutschen Bank gesponsertes – lächerliches Stipendium von monatlich 500 Euro. Allein die PR mit flächendeckender Plakatwerbung, ganzseitigen Anzeigen etc. für diese Aktion bewegte sich dagegen wohl eher im sechsstelligen Bereich …

Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen?

Die Kugelbahn in Wedding, Bar und Konzerte, im Keller Dancefloor und eine tolle alte Kegelbahn.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag?

„Johann Holtrop“ von Rainald Goetz: hysterisch, verwirrend und ein zum Schmunzeln anregender Roman über den Aufstieg und Abstieg eines CEOs in den Nullerjahren. Modemagazine begleiten mich bedingt durch meine Collagen permanent durch den Alltag, in allen finde ich bessere und schlechtere Abbildungen, interessante und debile Artikel.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude?

Als Akteurin der Initiative Haben und Brauchen ist mir die Auseinandersetzung um eine bessere Förderpolitik für die Kulturschaffenden in Berlin wichtig. Und ich wünsche mir, dass unsere Forderungen ein Umdenken in der Senatskulturverwaltung in Bezug auf eine neue qualifizierte und zukunftsfähige Kulturpolitik – über die Grenzen der Legislaturperioden hinweg – bewirken. Ansonsten swinge ich gern im Ballhaus Mitte und begrüße dann den Morgen mit ziehenden Bahnen im Prinzenbad.