hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Noch ist die Erinnerung an den Eurovision Song Contest vielleicht warm genug, also diese merkwürdige Veranstaltung, bei der am Samstag die Dänin Emmelie de Forest gewonnen hat, dass man doch mal einige Beispiele des dieswöchigen musikalischen Programms hier in Berlin auf eine eventuelle Eurovision-Song-Contest-Tauglichkeit hin überprüfen könnte. Etwa The Residents, die verdienten Avantgardisten und Multimedia-Propagandisten aus San Francisco, die am Donnerstag bei ihrer Tour zur Feier des 40-jährigen Bühnenjubiläums ins Babylon Mitte (Rosa-Luxemburg-Str. 30, 20 Uhr, 28 Euro) kommen. So große Geheimniskrämer sind sie, dass man offiziell bis heute nicht weiß, wer da eigentlich bei der stets verkleidet an die Öffentlichkeit tretenden Band unter den zum Markenzeichen gewordenen Augäpfelmasken steckt. In Anspielung auf ein altes Gerücht, dass es immerhin die Beatles seien, die sich hinter den Residents verstecken würden, ließ die Band vor wenigen Jahren mitteilen, dass sie John, Paul, George und Reingold seien. Also jetzt nicht gerade eine „Eurovision Song Contest“-typische Band, dieses Kollektiv, das jedoch manchmal durchaus auch nach einem mickymausigen Pop klingt mit arglos scheinenden Melodien. Und wenn man sich jetzt noch an die finnischen Hardrocker Lordi erinnert, die mit ihren Mummenschanzmasken den Contest 2006 gewonnen haben, ginge das eben doch vielleicht zusammen. Wieso also nicht mal die Residents als die seltsamen Quertreiber, die man sich wenigstens zwischendurch bei diesem Wettbewerb gern mal leistet.

Was beim Eurovision Song Contest dagegen kaum mehr zu gehen scheint, ist die ungeschminkte Schlagerhaftigkeit eines Liedes, so wie man sie mal aus der ZDF-Hitparade pflücken konnte, vorzugsweise in den 70er Jahren, der goldenen Schlaghosenzeit des deutschen Schlagers, als man ganz ungeniert nach dem Herzen griff. Und das macht auch Dagobert, der aus der Schweiz kommende und in Berlin lebende „Schnulzensänger aus den Bergen“. Er macht es mit einer Lässigkeit, mit Lust am Pathos und in einer Dringlichkeit, dass es doch schön wäre, den Mann im nächsten Jahr beim Eurovision Song Contest in Dänemark zu hören. Überzeugen von seinen Qualitäten kann man sich am Freitag im Ritter Butzke (Ritterstr. 26, 22 Uhr, 12 Euro).

Alles geht dann aber doch nicht: absolut nicht „Eurovision Song Contest“-kompatibel sind die Swans um Michael Gira mit ihrer Kunst des mächtigen Gitarrendröhnens. In Sachen Verdichtung und Sublimierung vergleichbar mit dem Bau der gotischen Kathedralen oder dem Schwarzen Quadrat von Malewitsch. Dienstag in der Volksbühne (Rosa-Luxemburg-Platz, 20 Uhr, 24/20 Euro).