„Wir wollen diesen Overkill!“

ANYTHING GOES Beim Teenitus-Festival treten in der kommenden Woche unter anderem Mouse On Mars und Palais Schaumburg auf. Hinter dem Festival steht die umtriebige Veranstaltergruppe „Eine Welt aus Hack“, die eine Brücke zwischen Post-Punk-Musik und den bildenden wie darstellenden Künsten schlagen möchte

Am nächsten Mittwoch geht es los: Drei Tage lang präsentieren die Veranstalter von Eine Welt aus Hack beim Teenitus-Festival eine Reihe von Post-Punk-, Experimental- und Noise-Acts aus aller Welt in den einschlägigen Adressen am Kotti. Mit dabei sind Felix Kubin, Mouse on Mars, Palais Schaumburg, Dirty Beaches, Jan Jelinek, Masayashi Fujita, White Fence, Zebra Katz, Wenzel Storch, Farahnaz Hatam, Jonathan Toubin’s Soul Clap, Dawn Hunger und andere.

■ Teenitus-Festival: 29.–31. 5., Monarch, West Germany, Festsaal Kreuzberg, Tageskarten: 19–25 Euro, Kombiticket: 61 Euro, Infos: www.teenitus.com

VON JENS UTHOFF

Es ist verstörend, sich eine Welt auszumalen, die aus purem Hack besteht. Das Beste, was man über eine solche Utopie sagen könnte, wäre, dass es ein einigermaßen organisches Ganzes ergäbe. Und in gewisser Weise geht es den Menschen, deren Gruppe sich „Eine Welt aus Hack“ nennt, auch um etwas Organisches.

Eine Welt aus Hack ist ein Veranstalterkollektiv für Konzerte, Performances und Ausstellungen, das auch für das am kommenden Mittwoch beginnende Teenitus-Festival verantwortlich zeichnet. Während das dreitägige Event rund um den Festsaal Kreuzberg etwas prominentere Gäste wie die Kölner Elektroniker Mouse On Mars, den Synthie-Frickler Felix Kubin und Palais Schaumburg begrüßt, widmen sich die VeranstalterInnen in der Regel eher kleineren Post-Punk-, Experimental- und Noise-Acts.

Hinter der Gruppe verbergen sich die 26-jährige Grinni Stangner und der vier Jahre jüngere Christian „Kirmes“ Kühr. Beide stammen aus dem Erfurter Raum, Stangner wohnt aber heute in Neukölln. Die von ihnen geschaffene Hack-Welt existiert seit drei Jahren, in Berlin und Erfurt veranstalten sie etwa vier Konzerte und Performances pro Monat. Insgesamt haben sie bereits für etwa 150 Künstler und Musiker Shows organisiert.

„Es steht eine gewisse Fuck-you-Mentalität dahinter, wir lassen uns nicht reinreden“

Zu den Berliner Locations gehören unter anderem das Bei Ruth (Ex-Bei Roy) in Neukölln, der Festsaal oder das West Germany am Kotti, mittlerweile so etwas wie die Berlin-Dependence des Hack-Clans. Der Raum passt mit seiner Ästhetik des Kaputten und Fragmentarischen recht gut zu der Gruppe. Schließlich versucht man, zwischen der Musik, die häufig in einem Post-Punk-Kontext steht, und den bildenden sowie darstellenden Künsten eine Brücke zu schlagen. „Ich finde, es wird oft viel zu stark getrennt zwischen den Künsten“, sagt Stangner. „Man muss Verbindungen herstellen, wo noch keine sind“, sagt sie. Diese Prämisse liege ihren Veranstaltungen zugrunde.

Im vergangenen Herbst etwa hat man das „You Are Here aka The Maze“-Festival im West Germany veranstaltet, bei dem ein Labyrinth von einem New Yorker Künstlerduo installiert wurde. Jeder Abend der 14-tägigen Schau wurde von einem anderen Berliner Künstler kuratiert, dazu gab es Konzerte und Klanginstallationen. Das oft negativ konnotierte Anything goes der postmodernen Theorie könnte man mit der Hack-Gruppe auch anders auslegen: Alle Kollaborationen und Konstellationen sind denkbar. Und: Es gibt keine Grenzen. „Der größte Kritikpunkt, den wir zu hören bekommen, ist, dass wir zu viele Acts bei den Festivals hätten“, sagt Stangner, „aber wir wollen diesen Overkill!“

Eine Welt aus Hack steht dabei programmatisch in einer Punk-Tradition, es geht sicher mehr um die expressive Kraft bei ihren Veranstaltungen als um Virtuosität oder gar Elitarismus. „Es steht eine gewisse Fuck-you-Mentalität dahinter“, sagt Stangner, „wir lassen uns da auch nicht gerne reinreden – also in dem Sinne, dass uns jemand erzählen will, wie bestimmte Shows funktionieren.“ Viele der von ihnen gebuchten Acts bewegen sich nicht ausschließlich im Musik- oder Kunst-Business, sondern leben in erster Linie von ihren Dayjobs. Stangner selbst finanziert sich auch eher über die Arbeit im Festsaal Kreuzberg als über die eigenen Veranstaltungen. Sie hat Musik- und Theatermanagement in Liverpool studiert. Ihr Erfurter Kollege Kühr hingegen ist zusätzlich noch Booker für Bands und somit hauptberuflich Veranstalter.

Das West Germany passt mit seiner Ästhetik des Kaputten gut zu der Gruppe

Das erste „Teenitus“-Festival 2008 war das initiale Ereignis für die Gründung der Gruppe. Es war die erste Veranstaltung der beiden überhaupt und fand seinerzeit in einem besetzten Haus in Erfurt statt. „Damals war der Festivalname für einige von uns noch Programm“, sagt Stangner, „weil wir da zum Teil noch nicht volljährig waren.“ Nachdem es in den Folgejahren in Erfurt stattfand, zieht das Festival nun erstmals nach Berlin. Es lohnt, in diesem Jahr vor allem den kleineren, unbekannteren Acts Aufmerksamkeit zu schenken. Großartige Low-Fi-Schnipseleien und Psycho-Pop sind etwa von White Fence/Tim Presley zu erwarten und Alex Zhang Hungtai alias Dirty Beaches wird sich klangcollagentechnisch austoben. Wenzel Storch oder Jan Jelinek sind weitere Gäste.

Zu ihren Zukunftsplänen sagt Grinni Stangner, dass eine Kollaboration mit Künstlern aus dem West Germany, möglicherweise eine Ausstellung zum Thema Wahlen, geplant sei – ebenso gleich eine ganze Felix-Kubin-Woche mit all dessen Projekten. An Vorhaben scheint es dem Hack-Clan jedenfalls nicht zu mangeln.