Keine Experimente!

Sie sei nur eine Marionette des derzeitigen Präsidenten Óscar Arias, sagen ihre politischen Gegner. Bei der Wahl am vergangenen Sonntag in Costa Rica war dies für viele allerdings ein Argument mehr, für Laura Chinchilla zu stimmen. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten und besorgt über die zunehmende Kriminalität hatten die Costa Ricaner keine Lust auf Experimente und wählten gleich im ersten Wahlgang mehr von dem, was sie schon kannten. Genau das hatte die 50-Jährige versprochen: Die nahtlose Fortsetzung der Politik ihres Vorgängers. Dessen Vizepräsidentin und Justizministerin war sie bis Ende 2008 gewesen. Dann trat sie zurück, um sich dem Wahlkampf zu widmen.

Chinchilla stammt aus dem Umfeld des hohen politischen Beamtentums. Ihr Vater war 15 Jahre lang Präsident des Rechnungshofs. Trotzdem machte sie erst einmal ohne Protektion und abseits der Parteipolitik Karriere. Die studierte Politologin arbeitete als Beraterin für die US-Entwicklungsagentur USAid, das UN-Entwicklungsprogramm UNDP oder die Interamerikanische Entwicklungsbank. Ihr Spezialthema: öffentliche Sicherheit und Menschenrechte. Damit war sie in der gemäßigt sozialdemokratischen Partei der Nationalen Befreiung (PLN) gut aufgehoben. 1994 holte sie der damalige Präsident José María Figueres in sein Kabinett, zunächst als Vizeministerin für öffentliche Sicherheit, von 1996 bis 1998 dann als Chefin des Ressorts. Seither ist Chinchilla Berufspolitikerin.

Nur ihr konservatives Familienbild will nicht so recht zur eher liberalen PLN passen. Auf ihrem Twitter-Konto stellt sie sich als „Politologin, Ehefrau, Mama (sie hat einen halbwüchsigen Sohn) und öffentliche Bedienstete“ vor. Abtreibung ist für sie nur nach einer Vergewaltigung akzeptabel oder wenn das Leben der werdenden Mutter in Gefahr ist. Über gleichgeschlechtliche Ehen will sie nicht mit sich reden lassen. Chinchilla ist keine Feministin. Aber solche Themen spielten bei ihrer Wahl keine Rolle.

Die Costa Ricaner sorgen sich mehr um den wachsenden Einfluss mexikanischer Drogenkartelle und die damit steigende Kriminalität. Und für die öffentliche Sicherheit ist Chinchilla eine ausgewiesene Fachfrau.

TONI KEPPELER