Die ganz ruhige Hand

Gutachten des Bremer Gesundheitsamtes gelten als beispielhaft. Sozialsenatorin aber lässt das Amt im Stich

Bremen taz ■ Jochen Zenker ist stolz auf sich. „Immer wieder“, erzählt der Leiter des Bremer Gesundheitsamtes, habe er „Lob von Kollegen aus ganz Deutschland“ erhalten. Für die Sorgfalt nämlich, mit der seine Ärzte bisher die „Reisefähigkeit“ von Flüchtlingen überprüft hätten. Immerhin: Ganz leicht gemacht hat man sich die Sache nicht. In eigens entwickelten Grundsätzen des Amtes ist von der „besonderen Schwierigkeit“ durch den „Interessengegensatz zwischen den Ausländerbehörden und den zu Begutachtenden“ die Rede, und von der „Gefahr einer Instrumentalisierung“, der man sich bewusst sein müsse. Und: „Für direkte Unterstützung bei Abschiebevorgängen stehen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes nicht zur Verfügung.“

Ärztekammern lobten soviel Gewissenhaftigkeit – ganz im Gegensatz zu Innensenator Thomas Röwekamp (CDU). Der warf dem Amt „Kompetenzüberschreitung“ vor. Zenker trat die Flucht nach vorn an und veröffentlichte im November ein 46-seitiges Dossier zu dem Thema – mit beschwichtigenden Signalen in Richtung des Innensenators. Wohl zu spät: Zur selben Zeit vergab Röwekamp die ersten Gutachten nach Hamburg. Zenker kann dies nicht nachvollziehen. Als „Selbstverständlichkeit“ habe sich die Zuständigkeit seines Amtes aus dem „Gesetz für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ ergeben, formal festgeschrieben sei allerdings nichts. Sein Vorgesetzter, der Staatsrat im Gesundheitsressort, Arnold Knigge, lobt derweil seinen Amtsleiter. Es bestehe „kein Zweifel an der Solidität der Gutachten“.

Mit der Forderung nach Beibehaltung der alten Praxis auf Konfrontationskurs mit dem Innensenator zu gehen, traut man sich dennoch nicht. Klaus Sieveking, Jurist an der Uni Bremen, hat dafür kein Verständnis. „Unglaublich“ nennt er die eigenmächtige Entscheidung Röwekamps und sieht die Geschäftsordnung des Senats verletzt. Diese regele die Aufgabenverteilung zwischen den Ressorts – und lege die Zuständigkeit der Gesundheitssenatorin für die Gutachten eindeutig fest. Warum Karin Röpke (SPD) die Sache nicht „sofort im Senat zur Sprache gebracht“ habe, sei ihm unverständlich. cja